Erleichterung für viele Online-Händler. Nach einer Entscheidung des OLG Schleswig (Beschluss vom 03.05.2021, Az.: 6 W 5/21) ist es bei Verstößen gegen § 13 Abs. 4 UWG zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr entsprechend der Regelung des § 13a Abs. 2 UWG ausreichend, wenn der Verletzer eine Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen abgibt. 

Das OLG Schleswig hatte nun darüber zu entscheiden, ob in einem Fall nach § 13a Abs. 2 UWG die Wiederholungsgefahr durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung ohne Vertragstrafeversprechen beseitigt wurde, oder ob der Gläubiger lediglich keine Vertragsstrafe verlangen, seine Ansprüche jedoch unmittelbar gerichtlich geltend machen kann.

Exkurs:

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH konnte die durch eine Verletzung von Wettbewerbsrecht entstandene Wiederholungsgefahr nur durch die Abgabe einer ausreichend strafbewehrten Verpflichtungs- und Unterlassungserklärung ausgeräumt werden, weil es einer Unterlassungserklärung ohne Vertragsstrafeversprechen an der Ernsthaftigkeit fehle.

Im Rahmen der auf das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs zurückzuführenden Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb wurde unter anderem § 13a neu in das UWG aufgenommen. § 13a Abs. 2 UWG sieht vor, dass ein Unterlassungsgläubiger, der zugleich Mitbewerber des Verletzers ist, kein Vertragsstrafeversprechen mehr verlangen, wenn

  • ein in § 13 Abs. 4 UWG genannter Verstoß vorliegt,
  • der Verstoß erstmalig begangen wurde und
  • der Abgemahnte in der Regel weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt.

Insoweit stellt § 13a Abs. 2 UWG eine Durchbrechung der bisher im Wettbewerbsrecht geltenden Grundsätze dar. Ziel der neuen Regelung ist es, die Gefahr von Abmahnmissbrauch bei kleinen Verstößen im Sinne des § 13 Abs. 4 UWG zu verringern. Insbesondere sollen die neuen Regelungen dazu dienen, die Generierung von Vertragsstrafeversprechen und Gebühren einzudämmen und damit missbräuchlicher Anspruchsverfolgung im Wettbewerbsrecht entgegen zu wirken.

Entscheidung des Gerichts

In dem der Entscheidung des OLG Schleswig zugrunde liegenden Sachverhalts wurde ein Onlinehändler von einem Mitbewerber abgemahnt, weil sein Angebot keine Grundpreisangabe enthielt, die Widerrufsbelehrung fehlerhaft war und zudem keine Registrierung bei der „Zentrale Stelle Verpackungsregister“ gegeben war. Auf die Abmahnung hin gab der Onlinehändler eine Unterlassungserklärung ab, die jedoch lediglich in Bezug auf die fehlende Registrierung nach § 24 VerpackG ein Vertragsstrafeversprechen enthielt. Hinsichtlich der anderen beiden Verstöße verwies der Abgemahnte auf § 13a Abs. 1 und 2 UWG. Hieraufhin nahm der Mitbewerber den Onlinehändler im Wege einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Nachdem das LG Lübeck den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen hat, wurde diese Entscheidung vom OLG Schleswig bestätigt. Nach Ansicht der Gerichte wird die Wiederholungsgefahr in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung ohne Vertragsstarfeversprechen beseitigt, so dass für ein gerichtliches Vorgehen wegen des gleichen Verstoßes die Voraussetzungen nicht gegeben sind.

Begründet hat das OLG Schleswig seine Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber durch die Einführung des § 13a UWG grundsätzlich am System der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Abmahnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung festgehalten hat.

Hierzu führt das Gericht aus:

„Durch das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs hat der Gesetzgeber an dem System der außergerichtlichen Streitbeilegung durch Abmahnung und strafbewehrter Unterlassungserklärung grundsätzlich festgehalten (§ 13 Abs. 1 UWG n. F.). Er hat dieses Recht der Abmahnung und Unterwerfung jedoch einer vorsichtigen Umgestaltung unterworfen. (…) Soweit in § 13a Abs. 2 UWG n. F. die Vereinbarung einer Vertragsstrafe ausgeschlossen ist, ist dies über § 13a Abs. 1 UWG n. F. auch bei der Auslegung des § 13 Abs. 1 UWG n. F. zu berücksichtigen. Das Erfordernis einer angemessenen Vertragsstrafe entfällt in diesen Fällen, weil eine solche Vereinbarung ausgeschlossen ist. Die Regelung in § 13 Abs. 1 UWG ist somit in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG n. F. so zu verstehen, dass der Gläubiger den Schuldner vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens abmahnen und ihm Gelegenheit geben soll, den Streit durch Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung beizulegen.“

Schließlich würde es auch dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufen, wenn dem Unterlassungsschuldner die Möglichkeit genommen würde, die Angelegenheit durch Abgabe einer Unterlassungserklärung zu erledigen, weil der Unterlassungsgläubiger im nächsten Moment klagen könnte.

„Dieser Intention würde es zuwiderlaufen, wenn ein Unterlassungsschuldner die Wiederholungsgefahr bei einer Abmahnung durch einen Mitbewerber in den Fällen des § 13a Abs. 2 UWG n. F. nicht durch die Abgabe einer einfachen, nicht strafbewehrten Unterlassungserklärung ausräumen könnte. Anderenfalls könnte der Mitbewerber den Unterlassungsschuldner trotz abgegebener Unterlassungserklärung – wie im vorliegenden Fall – gerichtlich in Anspruch nehmen. Dies würde zum einen dazu führen, dass die Entlastung der Gerichte durch das System aus Abmahnung und (strafbewehrter) Unterlassungserklärung in einer Vielzahl von Fällen abgeschafft wäre. Zum anderen würde dies in letzter Konsequenz für den Abgemahnten dazu führen, dass seine Belastung mit einer Vertragsstrafe durch eine solche mit Gebühren ersetzt werden würde.“

Nach Ansicht des Gerichts hat die Neuregelung nicht zur Folge, dass Sanktionsmöglichkeiten für wettbewerbswidriges Verhalten beseitigt werden.

„Zwar kann der Gläubiger von dem Schuldner in den Fällen der §§ 13 Abs. 4, 13 a Abs. 2 UWG n. F. weder Aufwendungen für eine Abmahnung verlangen noch mit dem Schuldner eine Vertragsstrafe vereinbaren. Der Anspruch der in § 8 Abs. 3 Nummer 2 bis 4 UWG genannten Gläubiger bleibt jedoch unberührt und es bleibt dem Mitbewerber unbenommen, sich an einen qualifizierten Wirtschaftsverband zu wenden, der für ihn eine Abmahnung ausspricht und eine mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrte Unterlassungserklärung des Schuldners entgegen nimmt.“

Im Übrigen kann auch eine Unterlassungserklärung ohne Strafbewehrung bei weiteren Verstößen zu nachteiligen Folgen für den Unterlassungsschuldner führen. Bei erneuten Verstößen stehen dem Gläubiger nicht nur die gesetzlichen, sondern auch ein vertraglicher Unterlassungsanspruch zu. In solchen Fällen muss ein Gericht nicht mehr den Wettbewerbsverstoß an sich feststellen, sondern lediglich den Verstoß gegen die Unterlassungserklärung. Da es sich dann nicht mehr um den ersten Verstoß handelt, kann nunmehr auch eine Vertragsstrafe vereinbart werden.

Fazit: Online-Händler, die aktuell wettbewerbsrechtliche Abmahnung erhalten, sollten daher sehr genau prüfen, ob übehaupt eine Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafe erforderlich ist. Oft ist eine solche vorformulierte Unterlassungserklärung mit Vertragstrafe von EUR 5.001,00 bereits der Abmahnung beigefügt. Diese sollte wegen der hohen Risiken keinesfalls ohne vorherige Prüfung durch einen erfahrenen Rechtsanwalt unterzeichnet werden.