Ein Blog von Rechtsanwalt Christos Paloubis

Monat: Oktober 2009

Angabe von bloßer „In-der-Regel“-Lieferzeit unzulässig

Die genaue Bestimmung der Lieferzeit gestaltet sich im Online-Handel regelmäßig schwierig. Aus diesem Grund verwenden Onlinehändler häufig ungenaue und unklare Lieferzeitangaben. Diese Angaben wurden in der Vergangenheit jedoch von den Gerichten häufig als wettbewerbswidrig eingestuft. Auch das OLG Bremen entschied kürzlich (Az: 2 W 55/09), dass die Klausel „in der Regel 1-2 Tage bei DHL-Versand“ unzulässig ist und somit abgemahnt werden kann.

Das Gericht beanstandete, dass eine derartige Angabe nicht mit hinreichender Genauigkeit für alle Fälle bestimmbar angebe, welche Lieferfrist konkret gelten solle. Eine solche Klausel stelle lediglich auf den Normalfall ab. Wann eine Ausnahme von dieser Regel vorliegt, könne der Verbraucher nicht erkennen. Auch wisse dieser nicht, wann er dem Verkäufer eine Nachfrist setzen oder weitere Maßnahmen zur Durchsetzung seiner Rechte ergreifen müsse.

Diese Rechtsprechung ist nicht neu: Bereits 2007 entschied das KG Berlin (Beschluss vom 03.04.2007, Az. 5 W 73/07), dass die Formulierung „in der Regel“ zu ungenau sei. Aus denselben Erwägungen ist auch von der ebenfalls häufig zu findenden Klausel „Angaben über die Lieferfrist sind unverbindlich“ dringend abzuraten.

Demgegenüber hält das Gericht die Angabe von „ca“-Fristen für zulässig und hält damit an seiner Rechtsprechung (vgl. Beschluss vom 18.05.2009, Az. 2 U 42/09) fest. Soweit möglich, sollten Shopbetreiber ihre Lieferfristen deshalb so konkret wie möglich fassen und ungenaue Angaben so weit wie möglich vermeiden. Sofern Abweichungen von der regelmässigen Lieferzeit nicht vermieden werden können, ist dem Käufer konkret zu erläutern unter welchen Voraussetzungen er mit längeren Lieferzeiten rechnen muss.

AG Berlin: Hindernisse für Tell-a-Friend-Werbung

Empfehlungsmarketing ist online wie offline ein wirksames Mittel zur Gewinnung neuer Kunden. Im Internethandel hat sich dazu ein mittlerweile sehr effektives Tool etabliert, die so genannte Tell-a-Friend-Funktion. Mit ihrer Hilfe kann der Besucher einer Seite einen Dritten einfach durch Eingabe von dessen E-Mail-Adresse auf ein bestimmtes Produkt, einen Artikel oder ähnliches hinweisen. Der Dritte erhält dann eine automatisch generierte (Werbe- ?) E-Mail. Doch ein aktuelles Urteil aus Berlin setzt dieser Praxis Grenzen.

Der vom AG Berlin-Mitte entschiedene Fall betraf eine Einladungs-E-Mail für einen Online-Shoppingclub. Eine Nutzerin versandte über das vom Shoppingportal zur Verfügung gestellte Tool eine Einladungsmail an den Kläger. Trotz Aufforderung, keine weiteren Mails zu versenden, erhielt der Kläger eine Erinnerungsmail. Das Shoppingportal verpflichtete sich daraufhin, keine Mails mehr zu verschicken, wenn der Empfänger zuvor widersprochen hatte. Hinsichtlich der ersten, von der Nutzerin versandten Mail vertrat es jedoch die Auffassung, dass es dafür keine Verantwortung trage. Auch handle es sich nicht um Werbemails, weil kein konkretes Produkt beworben würde.

Dieser Ansicht erteilte das AG Berlin-Mitte eine Absage. Bereits die erste Mail verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Bei dieser Mail handle es sich nicht etwa um einen freundlichen Hinweis, sondern sehr wohl um Werbung, da diese Empfehlungsmails ein wesentlicher Bestandteil des Marketingkonzepts des Betreibers sei. Werbemails bedürfen grundsätzlich der vorherigen Zustimmung des Empfängers. Unerheblich ist, dass nicht der Betreiber selbst, sondern ein Benutzer die Mail verschickt, denn der Betreiber haftet zumindest als Mitstörer.

Nach diesem Urteil sollten betroffene Dienste ihr gesamtes Empfehlungsmarketing auf den Prüfstand stellen. Fraglich ist nämlich, ob nach diesem Urteil Tell-a-Friend-Werbung überhaupt noch zulässig ist. Die Vorschläge einiger Autoren

Bei E-Mail-Einladungen zu Shopping-Clubs und auch sonstigen E-Mail-basierten Tell-a-friend-Funktionen wie Produktempfehlungen ist Vorsicht geboten. Sie sollten in jedem Fall neutral gestaltet und nicht durch Gutscheine, Prämien oder Ähnliches incentiviert sein. (Quelle: Internetworld)

scheinen an der Realität vorbei gehen. Ohne incentive für den Einlader wird die Anzahl von Empfehlungs- bzw Einladungsmails mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr bald gegen null gehen. Für  Shopping-Clubs, deren wesentliches Marketingelement eben diese Empfehlungsmails darstellen, bedeutet dies, dass deren Konzepte dringend auf den Prüfstand gehören.

BGH entscheidet zur Verbrauchereigenschaft bei Internetkäufen

Die Abgrenzung zwischen Unternehmer (§ 14 BGB) und Verbraucher (§ 13 BGB) ist nicht immer eindeutig. Gerade im eCommerce-Recht kommt ihr aber eine erhebliche Bedeutung zu. Ist der Kunde nämlich Verbraucher, so greifen zahlreiche Vorschriften zu seinen Gunsten ein, allen voran das Widerrufsrecht. Der BGH hat nun die Verbrauchereigenschaft von natürlichen Personen geklärt, die sowohl als Verbraucher als auch als Selbstständige auftreten.

Im dem Urteil zugrunde liegenden Fall bestellte die Klägerin, eine Rechtsanwältin, online Waren. Dabei gab sie ihren Namen ohne Berufsbezeichnung sowie ihre Kanzleianschrift an. Im Anschluss widerrief sie ihre Vertragserklärung und machte geltend, dass die Waren für private Zwecke bestimmt seien und ihr das Widerrufsrecht aus diesem Grund zustehe. Das Amtsgericht gab der Klage mit der Begründung statt, es sei unerheblich, wohin die Ware geliefert werde. Das Landgericht als Berufungsinstanz hob das Urteil jedoch auf und verwies darauf, dass die Anwältin aus der Perspektive des Verkäufers nicht erkennbar als Verbraucherin gehandelt habe.

Die Entscheidung des BGH fiel zugunsten der Verbraucher aus. Die Karlsruher Richter entschieden, dass Personen, die sowohl als Verbraucher als auch Unternehmer auftreten,

im konkreten rechtsgeschäftlichen Handeln lediglich dann nicht als Verbraucher anzusehen ist, wenn dieses Handeln eindeutig und zweifelsfrei ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zugeordnet werden kann.

Dies soll nur dann der Fall sein, wenn das Geschäft in Ausübung der selbstständigen Tätigkeit i.S.v. § 14 BGB abgeschlossen wird und darüber hinaus nur dann, wenn sie dies ihrem Vertragspartner durch ihr Verhalten zweifelsfrei zu erkennen gegeben hat. Dabei kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalls an.

Im Ausgangsfall fehlte es an solchen Umständen, aus denen man zweifelsfrei hätte schließen müssen, dass der Kauf der freiberuflichen Sphäre der Anwältin zuzurechnen sei. Insbesondere könne aus der Angabe der Kanzleianschrift kein freiberufliches Handeln geschlossen werden, da bereits unklar sei, ob die Klägerin Anwältin sei oder möglicherweise Kanzleiangestellte.

Dieses Urteil hat zur Folge, dass Onlinehändler sich nicht mehr allein darauf berufen können, dass der Kunde eine gewerbliche Adresse angegeben habe. Im Zweifel wird der Kunde zukünftig als Verbraucher einzustufen sein, sofern sich nicht aus den Umständen nicht ergibt, dass das Geschäft eindeutig der unternehmerischen Sphäre des Kunden zuzuordnen ist.

Quelle: Pressemitteilung des BGH

Youtube und das Urheberrecht: Risiken beim Video-Upload und Embedding

Videoplattformen wie Youtube, MyVideo oder Clipfish sind untrennbar mit den Schlagworten Web 2.0 und user-generated content verbunden. Die Möglichkeit, Videos selbst hochzuladen, beflügelt die Kreativität vieler Internetnutzer. Häufig bieten Plattformen auch die Möglichkeit, mittels der so genannten Embedding-Funktion Videos in die eigene Homepage oder den eigenen Blog einzubinden. Doch sowohl beim Upload als auch beim Embedding darf geltendes Recht nicht außer Acht gelassen werden. Insbesondere bei urheberrechtlichen Verstößen drohen dem Nutzer Abmahnungen. Nicht immer ist der Provider in der Pflicht.

Als Grundregel gilt: Wer urheberrechtlich geschützte Videos verwendet oder urheberrechtlich geschützte Bilder in die Videos einbindet, ohne die erforderliche Lizenz zu besitzen, kann als Störer auf Unterlassung oder Beseitigung in Anspruch genommen werden. Entsprechendes gilt grundsätzlich auch für Provider, denn diese können neben dem Nutzer ebenfalls als Störer in Frage kommen. Ob der Verstoß mittels Hochladen oder Embedding geschieht, ist dabei unerheblich: Beides stellt einen Eingriff in die Verwertungsrechte des Urhebers durch Verbreitung dar. Auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit kommt es dabei nicht an. Entscheidend für die Haftung ist einzig und allein, dass der in Anspruch Genommene irgendeinen Tatbeitrag geleistet hat, der zur Urheberrechtsverletzung geführt hat. In der Praxis erfolgt die Inanspruchnahme häufig durch eine Abmahnung mit strafbewehrter Unterlassungserklärung, in diesen Fällen hat der Störer auch die Anwaltskosten zu tragen. Hinzu kommt die Gefahr von schmerzhaften Schadensersatzforderungen, die meistens in Form einer fiktiven Lizenzgebühr erhoben werden.

Für Provider ist die oben genannte Formel problematisch, führt sie doch in uneingeschränkter Anwendung zu einer uferlosen Haftung, da schon das Bereitstellen von Webspace ursächlich für die Urheberrechtsverletzung ist. Die Rechtsprechung lässt Provider daher nur haften, wenn sie gegen ihre Prüfungspflicht verstoßen. Im Rahmen dessen muss zumindest ein zumutbares Maß an Aufwand betrieben werden, um Störungen zu vermeiden. Dies ist besonders dann der Fall, wenn er auf einen Verstoß hingewiesen wurde. Kann ein Provider also glaubhaft darlegen, dass er seinen Prüfungspflichten in zumutbarer Weise nachgekommen ist, so ist er von der Haftung befreit.

Abschließend lässt sich feststellen, dass es für die Haftung keinen Unterschied macht, ob das Video hochgeladen oder „nur“ eingebettet wird. Auf einer möglichen Haftung des Providers sollte sich ein Nutzer keinesfalls „ausruhen“, denn beide können unabhängig voneinander in Anspruch genommen werden. Es sollte als stets genau geprüft werden, ob das Video oder darin verwendete Bilder urheberrechtlich geschützt sind.

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