Ein Blog von Rechtsanwalt Christos Paloubis

Monat: August 2009

Google unter Beschuss: 10 AGB Klauseln unzulässig

Mit Urteil vom 07.08.2009 entschied das LG Hamburg (Az: 324 O 650/08; Abdruck bei Bundeszentrale Verbraqucherverband), dass Google bestimmte AGB Klauseln zukünftig nicht mehr verwenden darf. Das Verbot betrifft insbesondere Klauseln, die den in Deutschland geltenden Verbraucherschutz zu stark eingeschränkt haben. Das Urteil stellt aber vor allem klar, dass die bisherigen AGB von Google nicht mit dem (bereits geltenden) Datenschutzrecht vereinbar sind und persönliche bzw. personenbezogene Daten von Google nicht beliebig verwendet werden dürfen.

Das Verfahren war vom Verbraucherzentrale Bundesverband angestrengt (vbzv) worden.

Datenschutzrecht nicht beachtet
Ein wesentlicher Teil der Klage betraf Datenschutzklauseln. In diesen hatte Google sich das Recht eingeräumt, Verbraucherdaten unter bestimmten Voraussetzungen an Dritte zu übermitteln oder mit Daten anderer Unternehmen zu kombinieren. Auch war Google danach berechtigt, personenbezogene Daten zu Werbezwecken zu verwenden. Das Gericht erklärte diese Klauseln für unwirksam, weil sie die Vorgaben der Datenschutzgesetze nicht ausreichend berücksichtigten. Diesen zufolge ist sicherzustellen, dass der Internetnutzer einer Verwendung personenbezogener Daten bewusst und eindeutig zustimmt. Zudem muss der Anbieter die Einwilligung besonders hervorheben.

Nach Auffassung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes stärkt das Urteil die Rechte der Verbraucher und macht deutlich, dass auch amerikanische Unternehmen deutsche Verbraucherrechte einhalten müssen.

Das  Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist jedoch zweifelthaft, ob Google trotz anderslauternder Erklärung in Berufung gehen wird. Die Computer Reseller News zitiert Google:

Google stellt inzwischen zu dem Urteil fest: »Wir nehmen den Daten- und Verbraucherschutz sehr ernst.« In dem Rechtsstreit sei es um längst nicht mehr verwandte Nutzungsbedingungen für die Google Suchmaschine gegangen. Einige der Klauseln seien in der Tat unglücklich formuliert gewesen, wurden aber von Google bereits vor mehr als einem Jahr entsprechend umformuliert.

Neuregelung zum Erlöschen des Widerrufsrechts bei Dienstleistungen ab heute in Kraft

Im Rahmen eines neuen Gesetzes zum Verbraucherschutz, das u.a. die Zulässigkeit von Telefonwerbung neu regelt, wird auch das Widerrufsrecht bei Dienstleistungen modifiziert. Für den Onlinehandel bedeutet dies: Shopbetreiber, die auch Dienstleistungen anbieten, müssen ihre Widerrufsbelehrungen nun anpassen.

Im Zusammenhang mit der Neufassung des § 312d BGB, der das Erlöschen des Widerrufsrechts zum Gegenstand hat, wurde auch die Muster-Widerrufsbelehrung geändert.

Bisher lautete der entsprechende Gestaltungshinweis Nr. 9 wie folgt:

„Bei einer Dienstleistung erlischt Ihr Widerrufsrecht vorzeitig, wenn Ihr Vertragspartner mit der Ausführung der Dienstleistung mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung vor Ende der Widerrufsfrist begonnen hat oder Sie diese selbst veranlasst haben.“

Dieser ist nun zu ersetzen durch:

„Ihr Widerrufsrecht erlischt vorzeitig, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf Ihren ausdrücklichen Wunsch vollständig erfüllt ist, bevor Sie Ihr Widerrufsrecht ausgeübt haben.“

Die neue Rechtslage hat zur Folge, dass das Widerrufsrecht nur dann vorzeitig erlöschen kann, wenn der Verbraucher die Dienstleistung vollständig gezahlt hat. Es ist auch nicht mehr möglich, die Zustimmung zum vorzeitigen Erlöschen pauschal vom Verbraucher einzuholen, beispielsweise mittels einer Checkbox. Gegebenenfalls sollten die Bestellvorgänge auch dahingehend angepasst werden. Für die Belehrung empfiehlt sich nach wie vor die Verwendung der amtlichen Musterbelehrung, jedoch unter Verwendung des neuen Gestaltungshinweises.

Off Topic: Aufstand der Netzbürger

Mal wieder einen interessanten Artikel bei SPON gefunden. Der Artikel kommentiert die Bewegungen und (wahlkampfmotivierten) Aussagen von Parteien und Politikern zum Thema Netzsperren der letzten Tage.

So viel Aufregung um Internetsperren und Anwendungen wie den Kurznachrichtendienst Twitter wäre bis vor kurzem noch undenkbar gewesen.

Richtig: Bis zum Bundestagsbeschluss zum Thema Netzsperren fand zwar eine öffentliche Diskussion zum Thema „Zensur, Grundrechte und Informationsfreiheit“ statt. Nur, die Politik beteiligte sich (bis auf einige einsame Ausnahmen) nicht an der Diskussion.

Aber jetzt ist ja Wahlkampf und plötzlich fürchten SPD und Grüne noch mehr Wählerstimmen zu verlieren.

Doch bei dieser Kampagne ist das anders. Erstmals spielt das Netz eine wichtige Rolle. Und das nicht nur als neuer Kommunikationskanal, über den die Kandidaten Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier, ihre Parteien und immer mehr Abgeordnete bloggen, twittern oder videopodcasten, um den erfolgreichen Internetwahlkampf von Barack Obama nachzuahmen.

Also zumindest ist bei einigen angekommen, dass man das Netz für Kommunikation einsetzen kann. Blöd nur, dass die Netzbürger nicht das ge-Twitter von Frau Merkel lesen wollen, sondern Stellungnahmen und sachliche Auseinandersetzung zum Thema Zensur. Es ist digitaler Wahlkampf, und keiner geht hin.

Die Internetaktivisten sind auf die etablierten Parteien, zu denen viele von ihnen nun auch die Grünen zählen, nicht gut zu sprechen. „Sie werden sich noch wünschen, wir wären politikverdrossen“, heißt einer ihrer Slogans.

Nicht nur im Willy-Brandt-Haus der SPD, wo sie massiv Facebook und Twitter für den Wahlkampf nutzen wollten, nun aber erschrocken feststellen, dass ihnen mindestens Häme, wenn nicht offene Ablehnung und blanker Hass aus dem Netz entgegenschlagen.

Seit dem Desaster um die Netzsperren

scheint der Kommunikationsfaden zwischen den großen Parteien und den Netzbürgern gerissen.

Stattdessen boykottieren die Netzbürger den digitalen Wahlkampf und kein Politiker versteht, warum denn niemand die schönen CDU-Facebook-Seiten besucht. Und anstatt die Herausforderung anzunehmen und sich den Diskussionen zu stellen fürchtet man jetzt schon die Geister, die man rief. Und plötzlich kehren sogar schon die vermeintlich Netzoffenen der schönen digitalen Welt den Rücken. So wird Matthias Güldner, Fraktionschef der Bremer Bündnis-Grünen (!), im Artikel zitiert:

Da mokierte er sich in der „Welt“ über die „unerträgliche Leichtigkeit des Internets“, rechnete mit seiner eigenen Partei ab, der es gar nicht liberal genug zugehen könne im Netz. Er wetterte gegen die „Glorifizierung des Internets“ und schäumte: Einige seiner Parteifreunde hätten sich wohl „das Hirn herausgetwittert“, so wenig sie sich dort um Grenzen von Recht und Anstand scheren wollten.

Die Politik befindet sich kurz vor dem Höhepunkt des Wahlkampfs in einem Dilemma. Wie kann man im Internet wichtige (und vielleicht entscheidende) Wählerstimmen einfangen, ohne die Fragen, die gerade jene Stimmen stellen, beantworten zu müssen?

Da sehe ich auch kein Lösung!

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén