Ein Blog von Rechtsanwalt Christos Paloubis

Monat: Oktober 2008

OLG Frankfurt a.M.: Alle unwirksamen AGB-Klauseln können abgemahnt werden

Unwirksame Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) können nicht nur durch den Vertragspartner selbst, sondern auch durch Wettbewerber angegriffen werden. Das OLG Frankfurt a.M. entschied nun, dass jede Verwendung unwirksamer AGB zugleich auch eine Wettbewerbsverletzung darstellt und somit abgemahnt werden kann.

In der Vergangenheit wurden unwirksame AGB-Klauseln nur dann als wettbewerbswidrig angesehen, wenn sie geeignet waren, das Marktverhalten zu regeln, § 4 Nr. 11 UWG. Andernfalls wurden sie als bloßer Bagatellverstoß im Sinne des § 3 UWG eingestuft. Das OLG Frankfurt a.M. verweist nun jedoch auf die neue EU-Lauterkeitsrichtlinie: Hiernach ist ein Wettbewerbsverstoß grundsätzlich dann zu bejahen, wenn „die Zuwiderhandlung geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen“.

Das Urteil stellt klar, dass eine Differenzierung zwischen Marktverhaltensregel und Bagatelle mit Geltung der neuen Lauterkeitsrichtlinie nicht mehr zulässig ist.

Bundesregierung plant Regulierung des Scorings

Laut einem Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen die Rechte der Betroffenen im Datenschutz künftig deutlich erweitert werden. Auf Händler im elektronischen Geschäftsverkehr sollen künftig mehr Verpflichtungen zukommen, insbesondere im Scoringverfahren.

Beim Scoring handelt es sich um ein automatisiertes Verfahren zur Ermittlung der Kreditwürdigkeit von Kunden. Anhand verschiedener Kriterien (Beruf, Wohnort etc.) werden Punkte vergeben, die über die Kreditwürdigkeit des Kunden entscheiden. Dieses für den Verbraucher oft undurchsichtige Verfahren soll nun durch Erweiterung der Informations- und Auskunftsrechte für den Verbraucher transparenter gestaltet werden. Beispielsweise soll der Kunde künftig nachvollziehen können, aufgrund welcher Daten der Scorewert ermittelt wurde, sodass er etwaigen Missverständnissen künftig besser begegnen kann. Der Bundesrat verlangt zudem, dass Kreditgeschäfte im Internet transparenter gestaltet werden. Beispielsweise sollen Kreditinstitute künftig Gründe angeben, wenn sie Interessenten schlechtere Konditionen anbieten, nachdem sie das Scoring durchlaufen haben.

Sollte die Gesetzesänderung wie dargestellt in Kraft treten, wäre damit erstmals ein klarer rechtlicher Rahmen für das Scoring und damit mehr Rechtssicherheit geschaffen.

EuGH: Telefonnummer im Impressum nicht erforderlich

Anbieter von Diensten im Internet müssen im Impressum nicht zwingend ihre Telefonnummer angeben. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil vom 16.10.2008 (Rs. C 298/07). Demnach genügt beispielsweise ein elektronisches Kontaktformular.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 des Telemediengesetzes (TMG) sind im Impressum „Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post“ erforderlich. Daraus geht zunächst lediglich hervor, dass neben der E-Mail weitere Angaben erforderlich sind. Ob darunter auch die Telefonnummer fällt, war in der Vergangenheit höchst umstritten. Die deutschen Gerichte beantworteten diese Frage bisher uneinheitlich.

Der EuGH stellte in seinem Urteil nun klar, dass es zur schnellen und unmittelbaren Kommunikation nicht zwingend einer Telefonnummer bedarf. Vielmehr genügt ein elektronisches Kontaktformular, sofern die Anfragen der Verbraucher binnen 30 bis 60 Minuten beantwortet werden. Lediglich ausnahmsweise muss dem Verbraucher auf Anfrage eine alternative Kommunikationsmöglichkeit, beispielsweise die Telefonnummer, genannt werden. Dies gilt, wenn ihm kein Zugang zum Internet möglich ist, beispielsweise auf einer Urlaubsreise.

Fazit: Nach dem EuGH-Urteil steht fest, dass neben der Angabe der E-Mailadresse als solcher zwar eine weitere Angabe notwendig ist, diese aber nicht unbedingt die Telefonnummer sein muss. Sofern die Anfragen zügig beantwortet werden, genügt auch ein Kontaktformular. Aus Gründen der Kundenfreundlichkeit empfiehlt sich dennoch, dem Kunden eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen.

Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Telefonnummern in Widerrufsbelehrungen

Die Angabe einer Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung von Onlinehändlern ist häufig Anlass teurer Abmahnungen. Nach einem neuen Urteil könnte damit Schluss sein: Das LG Lübeck entschied am 22.04.2008, dass eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung unproblematisch sei.

Bei Abmahnungen in diesen Fällen wird oft auf ein Urteil des OLG Frankfurt vom 17.06.2004 Bezug genommen. Danach dürfe eine Telefonnummer nicht angegeben werden. da der Verbraucher laut Gesetz nur in Textform (Brief, Fax, eMail) wirksam widerrufen kann. Die Angabe einer Telefonnummer hingegen gebe dem Verbraucher den falschen Eindruck, er könne auch durch Anruf widerrufen. Dies führe den Verbraucher in die Irre und sei somit wettbewerbswidrig und somit abmahnfähig.

Etwas anderes ergibt sich für Fälle, in denen anstelle eines Widerrufsrechts ein Rückgaberecht eingeräumt wird (Urteil des KG Berlin vom 07.09.2007). Während das KG Berlin die Auffassung des OLG Frankfurt im Hinblick auf die Widerrufsbelehrung noch bestätigte, nahm es hinsichtlich der Rückgabe die Gefahr einer Irreführung nicht an, schließlich ergebe sich aus der Belehrung selbst, dass der Verbraucher nur durch tatsächliches Handeln, durch Rücksenden der Sache, von seinem Recht wirksam Gebrauch machen kann.

Entgegen der Auffassung des OLG Frankfurt entschied nun das LG Lübeck, dass auch in der Widerrufsbelehrung eine Telefonnummer angegeben dürfe. Das Gericht folgte der Argumentation des KG Berlin und entschied, die Gefahr eines Irrtums liege nicht vor, wenn der Händler zuvor klarstellt, dass der Widerruf (bzw. das Rücknahmeverlangen) in Textform zu erfolgen habe. Die Telefonnummer biete dem Verbraucher lediglich die Möglichkeit, nähere Informationen zum Widerrufsrecht beim Händler zu erfragen.

Ob sich die Ansicht der Lübecker Richter durchzusetzen vermag, ist derzeit noch nicht abzusehen. Auch bedeutet das Urteil nicht, dass die Abmahngefahr nun automatisch gebannt ist.

Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, sollte sowohl in der Widerrufs- als auch in der Rückgabebelehrung auf die Angabe der Telefonnummer verzichten.

BGH: Streit über Hinsendekosten wird dem EuGH vorgelegt

Das mit Spannung erwartete Urteil des Bundesgerichtshofs zum Streit um die Hinsendekosten (wir berichteten) bleibt vorerst aus. Gestern setzte der BGH das Verfahren aus und legte es dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Vorabentscheidung vor.

Gegenstand des Verfahrens ist die Frage, ob ein Verbraucher beim Versandhandel im Internet die ursprünglichen Versandkosten (Hinsendekosten) tragen muss, wenn er von seinem Widerrufs- oder Rückgaberecht Gebrauch macht. Während die Rücksendekosten gesetzlich geregelt sind, fehlt eine solche Regelung für die Hinsendekosten. Die Gerichte entschieden in dieser Frage in der Vergangenheit fast immer zugunsten der Verbraucher. Auch der BGH geht davon aus, dass der Verbraucher die Hinsendekosten nicht tragen müsse.

Eine abschließende Entscheidung wollten die Karlsruher Richter gestern dennoch nicht treffen: Nicht nur das nationale Recht, sondern auch das EU-Recht sei in dieser Frage nicht hinreichend präzise. Aus diesem Grund bestehe die Verpflichtung, die Frage dem EuGH vorzulegen, der nun eine verbindliche Entscheidung treffen muss. Bis dies erfolgt ist oder eine neue Richtlinie für Klarheit sorgt, bleibt die Rechtslage unklar.

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