Die Frage, wie mit Garantien geworben werden darf, wird immer wieder in der Rechtsprechung diskutiert und stellt einen absoluten Dauerbrenner dar. Unlängst hat sich erneut das OLG Hamm mit der Thematik befasst und aufgezeigt, dass die Werbung mit Garantien sowohl vor als auch nach Vertragsschluss umfangreiche Informationspflichten mit sich bringt.
Das OLG Hamm beschäftigte sich in seinem Urteil vom 25.08.2016 (Az.: 4 U 1/16) mit der Klage gegen einen Händler, der seine Produkte auf dem Amazon-Marketplace vertrieb. Unter seinen angebotenen Waren befand sich auch eine Fahrradhalterung, die er mit dem Hinweis „5 Jahre Garantie“, ohne weitere Informationen diesbezüglich anzugeben, bewarb. Diesen Hinweis nahm die Klägerin zum Anlass den Händler und alle anderen an die ASIN des Produktes angehängten Anbieter abzumahnen. Das LG Bochum (Az.: 14 O 101/15) hatte der Klage in erster Instanz stattgegeben, das OLG Hamm hat diese Entscheidung nun bestätigt.
1. Gesetzliche Regelungen
Wird dem Verbraucher eine Garantie im rechtlichen Sinne versprochen, so muss er nach Art. 246a § 1 Nr. 9 EGBGB über die Bedingungen der Garantie (vor und nach Vertragsschluss) aufgeklärt werden. Vor Vertragsschluss müssen dabei die umfangreichen Garantiebedingungen direkt im Online-Shop oder bei Amazon direkt in der Artikelbeschreibung bzw. in den Produktdetails angegeben werden.
Nach Vertragsschluss müssen die Garantiebedingungen mit der Bestätigung des Vertrags auf einem dauerhaften Datenträger (beispielsweiße per E-Mail) zur Verfügung gestellt werden.
Der Inhalt der Garantiebedingungen richtet sich nach § 477 BGB (die inhaltlichen Anforderungen finden Sie hier). Zwar war noch bis vor wenigen Jahren umstritten, inwieweit § 477 BGB überhaupt auf Garantien Anwendung findet. Dieser Streit wurde jedoch mittlerweile durch den BGH geklärt, der eine Anwendung ausdrücklich bejaht hat (über den Streit haben wir seinerzeit berichtet).
2. Urteil des OLG Hamm
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts reicht allein der Hinweis „5 Jahre Garantie“ nicht aus, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen:
„Denn mit der Angabe „5 Jahre Garantie“ wird der Verbraucher zwar über das Bestehen einer Garantie informiert, jede weitere Angabe zu den Bedingungen dieser Garantie wird ihm jedoch vorenthalten. (…)
Solcher Angaben bedarf es jedoch, auch wenn es sich bei der in Rede stehenden Erklärung (lediglich) um Werbung mit einer Garantie und etwa um eine Garantieerklärung handeln sollte. Denn hierauf kommt es im Rahmen des Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB nicht an.
Diese Vorschrift setzt Art. 6 Abs. 1 Buchst. m) der RL 2011/83/EU [Verbraucherrechterichtlinie – Anm. d. Red.] um, wonach eine entsprechende Informationspflicht des Unternehmers bei Fernabsatzverträgen besteht. Hierbei sind die Informationen dem Verbraucher rechtzeitig zu erteilen, bevor er durch einen Vertrag im Fernabsatz oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist. Denn die Vorabinformation soll ihn in die Lage versetzen, das Für und Wider des Vertrages – und die beworbene Garantie stellt aus Sicht des Verbrauchers zweifellos einen Vorteil dar – abzuwägen, um sodann eine überlegte Entscheidung zu treffen.“
Darüber hinaus liege nach Ansicht des Gerichts auch ein Verstoß gegen § 477 Abs. 1 S. 2 BGB vor, da es an einem, dem Gesetz entsprechenden, Hinweis nach Vertragsschluss fehlte.
3. Haftungsausschluss nicht möglich
Problematisch an diesem Fall war zudem, dass der Beklagte auf die Produktbeschreibung unter der ASIN keinen Einfluss hatte, da diese durch Amazon selbst erstellt wird. Die Frage, wer in einem solchen Fall für den Regelverstoß haften muss, stellt eines der bekanntesten Probleme des Amazon-Marketplaces dar.
Vorliegend verneinte das Gericht einen Haftungsausschluss des Beklagten und nahm an, dass ihm die fehlerhafte Garantie sehr wohl zuzurechnen sei. Denn, dass möglicherweise fehlerhafte Produktangaben gemacht werden, falle in das Risiko des Händlers:
„Die Zurechnung der Gefahr, in dieser Konstellation für unzureichende Angaben Dritter zu haften, stellt deshalb keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der von den Händlern in Anspruch genommenen Vorteile einer internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt.“
Mit dieser Entscheidung schließt sich das OLG Hamm der Meinung des BGH an, wonach es keinesfalls außerhalb der Lebenserfahrung liege, dass es zur Einstellung falscher Angaben komme, so dass ein entsprechender Fehler des Plattformbetreibers nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden könne, die die Adäquanz entfallen ließe.
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