Vor nicht ganz zwei Jahren berichteten wir über die sich widersprechenden Urteile des OLG Köln (Az.: 6 U 115/14) und des LG Arnsberg (Az.: I-8 O 121/14). Nun hat sich der BGH mit Urteil vom 03.03.2016 (Az.: I ZR 110/15) für die Rechtsauffassung des OLG Köln und damit auch für eine Haftung von Amazon-Marketplace-Händlern für von Amazon begangene Rechtsverletzungen entschieden.
Zum Sachverhalt:
Im Verfahren stritten zwei Online-Anbieter von Uhren. Die Beklagte bot im Juli 2013, über den Amazon-Marketplace, ein Modell der Marke „Casio“ zu einem Preis von 19,90 € an. Dieses wurde mit „Unverb. Preisempf.:“ und der durchgestrichenen Angabe „39,90 €“ beworben. Diese UVP-Angabe war jedoch in den Fachhandelspreislisten und einschlägigen Kundenportalen seit April 2012 nicht mehr zu finden.
Infolgedessen mahnte die Klägerin das Angebot der Beklagten als irreführend ab, da die darin angegebene unverbindliche Preisempfehlung im Angebotszeitpunkt tatsächlich nicht mehr bestanden habe. Die Krux dabei: Nicht die Beklagte, sondern alleinig Amazon hat die Möglichkeit die UVP-Angabe zu editieren.
Nichtsdestotrotz entschied der BGH, dass „es aber keinesfalls außerhalb der Lebenserfahrung [liege], dass es zur Einstellung falscher Herstellerpreisempfehlungen komm[e], so dass ein entsprechender Fehler des Plattformbetreibers nicht als völlig ungewöhnliche und unsachgemäße Handlungsweise angesehen werden k[ö]nn[e], die die Adäquanz entfallen ließe.“
Der Händler lasse „mit der Nutzung der Plattform[,] Amazon im eigenen Namen ein Angebot veröffentlichen, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrsche.“ Deshalb müssten Händler, welche sich dieser „inhaltlichen Einflussnahmemöglichkeit des Plattformbetreibers unterwerfen“, auch mit der Gefahr der Verfälschung ihres Angebots rechnen.
Schon die Amazon-AGB, legten den Anbietern regelmäßige Kontrollen der angezeigten Produktinformationen und deren Rechtmäßigkeit auf.
„Die Zurechnung der Gefahr, in dieser Konstellation für falsche Angaben Dritter zu haften, stellt deshalb keine völlig unvorhersehbare Rechtsfolge dar, weil sie gleichsam die Kehrseite der von den Händlern in Anspruch genommenen Vorteile einer internetbasierten, allgemein zugänglichen und eine weitgehende Preistransparenz vermittelnden Verkaufsplattform darstellt.“
Vereinfacht dargestellt, müssen Marketplace-Anbieter nach Ansicht des Gerichts, wenn sie die Vorteile der Plattform wahrnehmen wollen, auch mit den negativen Folgen leben.
Fazit:
Insofern ist unser erster Blogbeitrag zum Thema, dahingehend richtig zu stellen, dass der BGH nicht die prognostizierten zwei bis drei Jahre zu seiner Entscheidung gebraucht hat, sondern – ausgehend vom Urteil des LG Arnsberg – nur ein Jahr und drei Monate. Ansonsten kann es sich bei dem Gesagtem bewenden lassen: Der BGH hat sich letztlich für eine der beiden juristisch vertretbaren Lösungen entschieden und damit wieder eine gewisse Rechtssicherheit geschaffen. Dass alle involvierten Gruppen mit der Entscheidung zufrieden sind, kann aber auch mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Der schwarze Peter liegt also bei den Marketplace-Shop-Betreibern.
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