Bereits im Jahr 2014 hat der EuGH (Az.: C-131/12) entschieden, dass Suchmaschinenbetreiber dazu verpflichtet sind, Löschungsanträge von Privatpersonen anzunehmen, zu überprüfen und bei Bedarf die betroffenen Links aus dem Suchindex zu entfernen.
Im entschiedenen Fall verklagte ein Spanier den Suchmaschinenbetreiber Google, da dieser bei einer Suchanfrage zu seinem Namen immer noch mehrere Jahre alte Zeitungsartikel auflistete. Die Artikel enthielten Informationen über finanzielle Probleme des Spaniers, die dieser nach eigenen Angaben auch tatsächlich hatte.
Der EuGH bejahte zunächst die uneingeschränkte Anwendbarkeit der europäischen Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) für Suchmaschinen. Denn nach Auffassung der Richter spiele es keine Rolle, in welchem Land der Suchmaschinenbetreiber sitzt und wo in der EU er tätig ist.
Eine Einbeziehung von Links in die Ergebnisliste sei demnach unzulässig, sofern dies mit der Richtlinie nicht vereinbar sei.
„Zu der Frage, ob die betroffene Person nach der Richtlinie verlangen kann, dass Links zu Internetseiten aus einer solchen Ergebnisliste gelöscht werden, weil sie wünscht, dass die darin über sie enthaltenen Informationen nach einer gewissen Zeit „vergessen“ werden, stellt der Gerichtshof fest, dass die in der Ergebnisliste enthaltenen Informationen und Links gelöscht werden müssen, wenn auf Antrag der betroffenen Person festgestellt wird, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Einbeziehung der Links in die Ergebnisliste nicht mit der Richtlinie vereinbar ist.“
Suchmaschinenbetreiber müssen also spätestens dann tätig werden, wenn eine „betroffene Person“ dies beantragt. Wird ein solcher Antrag ignoriert, aus anderem Grund nicht bearbeitet, oder abgelehnt, so steht es dem Betroffenen frei, sich an die Aufsichtsbehörde oder das zuständige Gericht zu wenden.
Liegt einem Suchmaschinenbetreiber eine Beschwerde vor, so hat das Unternehmen die Beschwerde auf ihre Begründetheit zu prüfen. Ist dies der Fall, so muss der Link aus den Ergebnislisten des Betreibers gelöscht werden. Nach Ansicht des Gerichts seien Artikel 12 b und Artikel 14 Abs. 1a der Richtlinie dahingehend auszulegen,
„dass im Rahmen der Beurteilung der Anwendungsvoraussetzungen dieser Bestimmungen u. a. zu prüfen ist, ob die betroffene Person ein Recht darauf hat, dass die Information über sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr durch eine Ergebnisliste, die im Anschluss an eine anhand ihres Namens durchgeführte Suche angezeigt wird, mit ihrem Namen in Verbindung gebracht wird, wobei die Feststellung eines solchen Rechts nicht voraussetzt, dass der betroffenen Person durch die Einbeziehung der betreffenden Information in die Ergebnisliste ein Schaden entsteht. Da die betroffene Person in Anbetracht ihrer Grundrechte aus den Art. 7 und 8 der Charta verlangen kann, dass die betreffende Information der breiten Öffentlichkeit nicht mehr durch Einbeziehung in eine derartige Ergebnisliste zur Verfügung gestellt wird, überwiegen diese Rechte grundsätzlich nicht nur gegenüber dem wirtschaftlichen Interesse des Suchmaschinenbetreibers, sondern auch gegenüber dem Interesse der breiten Öffentlichkeit am Zugang zu der Information bei einer anhand des Namens der betroffenen Person durchgeführten Suche. Dies wäre jedoch nicht der Fall, wenn sich aus besonderen Gründen – wie der Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben – ergeben sollte, dass der Eingriff in die Grundrechte dieser Person durch das überwiegende Interesse der breiten Öffentlichkeit daran, über die Einbeziehung in eine derartige Ergebnisliste Zugang zu der betreffenden Information zu haben, gerechtfertigt ist.“
Durch diese Auslegung bejaht der EuGH faktisch ein „Recht auf Vergessen“. Denn nach einem gewissen Zeitpunkt kann nach dieser Rechtsprechung jeder verlangen, dass personenbezogene Daten über ihn aus einer Suchmaschine gelöscht werden.
Eine dauerhafte Speicherung hingegen bedürfe nach Ansicht des Gerichtshofs besonderer Gründe, die wohl durch den Suchmaschinenbetreiber dargelegt werden müssen. Beispielhaft nennt das Gericht, dass
„die Rolle der betreffenden Person im öffentlichen Leben, die ein überwiegendes Interesse der breiten Öffentlichkeit am Zugang zu diesen Informationen über eine solche Suche rechtfertigen“.
In seinem Urteil hat der EuGH ausdrücklich festgesetzt, dass sich der Betroffene nicht an den Betreiber der Webseite, der den Artikel veröffentlicht hat, wenden muss. Alternativ kann er sich auch direkt an den Suchmaschinenbetreiber wenden. Denn durch die Löschung des Links aus der Ergebnisliste wird der Inhalt, der hinter dem betroffenen Link steht, zwar nicht gelöscht, das Auffinden des Inhalts wird jedoch deutlich erschwert.
Auf den ersten Blick scheint das Urteil einen höheren Schutz der Persönlichkeitsrechte mit sich zu bringen. Bei genauerem Hinsehen ergeben sich jedoch Probleme bezüglich der Informationsbeschaffung der Öffentlichkeit. Denn viele, gerade ältere, Beiträge werden zukünftig nicht mehr so leicht über Suchmaschinen aufzufinden sein. Zwar können die Suchmaschinen meist zunächst selbst abwägen, ob eine Ehreverletzung vorliegt oder nicht. Im Zweifel werden die Suchmaschinen den Forderungen aber wohl nachkommen, da ansonsten Bußgelder drohen.
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