Im vergangenen Jahr erließ das LG München I ein Urteil, in welchem dem Betroffenen ein Schadensersatzanspruch wegen unrechtmäßiger Datenverarbeitung in Höhe von EUR 100,00 zugesprochen wurde. Die Folge waren massenweise Abmahnungen an Unternehmer. In einem anderen Urteil entschied das LG Oldenburg, dass dem Kläger ein Schadensersatz in Höhe von EUR 10.000,00 zusteht, weil der Beklagte seiner Auskunftserteilungspflicht zu spät nachgekommen ist. In beiden Fällen waren den Betroffenen keine konkreten Schäden entstanden. Nun entschied der EuGH, dass ein bloßer Verstoß gegen die DSGVO noch keinen Schadensersatzanspruch begründen kann. Es muss darüber hinaus ein Schaden nachgewiesen werden. 

Hintergrund: 

Der Kläger machte einen Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 1.000,00 wegen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Vorschriften gem. Art. 82 DSGVO gegen die österreichische Post AG geltend. Die Beklagte hatte anhand von Wohnadressen Parteipräferenzen ihrer Kunden ermittelt, welche später für Wahlwerbezwecke der Parteien genutzt wurden. Der dafür verwendete Algorithmus ordnete den Kläger einer Partei des rechten Spektrums zu, weshalb dieser sich beleidigt und bloßgestellt fühlte. Darin sahen die ersten beiden Instanzen der österreichischen Gerichte eine unrechtmäßigen Datenverarbeitung, verneinten jedoch einen Schadensersatzanspruch. Daraufhin wandte sich der Oberste Gerichtshof Wien in einem Vorabentscheidungsverfahren an den EuGH mit Fragen zur Auslegung der DSGVO.

 

Vorabentscheidungsverfahren des EuGH:

In seinem Urteil (Urteil vom 4.5.2023, Az.: C-300/21) entscheid der EuGH, dass der Kläger einen kausal durch die Datenschutzverletzung entstandenen Schaden darlegen und beweisen muss. Ein bloßer Verstoß gegen die DSGVO reicht hierfür künftig nicht mehr aus. Jedoch gibt es nach dem EuGH keine Bagatellgrenze für immaterielle Schäden, sodass grundsätzlich jeder noch so geringe Schaden geltend gemacht werden kann. Damit wurde den von den nationalen Gerichten entwickelten „Erheblichkeitsschwellen“ eine Absage erteilt. In Bezug auf den Umfang des Schadensersatzes sollen die nationalen Gerichte entsprechende Kriterien festlegen, solange diese einen Anspruch nicht unmöglich machen oder praktisch erschweren.

Die Folge: Schadensersatzansprüche zum Beispiel wegen verspäteter Auskunft bestehen künftig nur noch, wenn der Kläger eine entsprechende Einbuße beweisen kann.

 

 

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