Im Internet kursieren derzeit Berichte über einen kuriosen Rechtsstreit. Der Tierfotograf David Slater macht gegenüber Wikimedia, der Betreiber-Organisation hinter Wikipedia, Urheberrechte an dem Foto eines Affen geltend und verlangt dessen Löschung. Wikimedia wiederum weigert sich mit der Begründung, nicht Slater sei der Urheber des Fotos, sondern der Affe selbst.
Was der Fotograf selbst einräumt: Eine Affenbande hatte seine Kamera im indonesischen Dschungel „kurzzeitig ausgeliehen“ und damit herumgespielt. Dabei seien hunderte von Fotos entstanden, die meisten jedoch unscharf oder verwackelt. Der britische Telegraph zitiert Slater mit den Worten:
„They were quite mischievous jumping all over my equipment, and it looked like they were already posing for the camera when one hit the button. The sound got his attention and he kept pressing it. […] He must have taken hundreds of pictures by the time I got my camera back, but not very many were in focus. He obviously hadn’t worked that out yet.“
Unter den vielen unbrauchbaren Schnappschüssen fand sich jedoch schließlich auch das folgende formvollendete Selfie, das seinen Weg ins Internet und schlussendlich auf Wikipedia fand.
Bild: Wikimedia/David Slater
Wikimedia weigert sich nun, das Foto zu löschen. Die Mitarbeiter des Onlinelexikons betrachten das Bild als gemeinfrei, da an ihm keine Schutzrechte bestünden. In den Lizenz-Details begründen sie schlicht:
„This file is in the public domain, because as the work of a non-human animal, it has no human author in whom copyright is vested.“
David Slater sieht das naturgemäß anders. Seiner Meinung nach sollten ihm die ausschließlichen Rechte an dem Foto zustehen. Schließlich sei das Bild mit seiner Kamera aufgenommen worden. Außerdem habe er einen immensen Aufwand betrieben, welcher überhaupt erst dazu geführt habe, dass das Foto entstanden sei. Wikimedia beraube ihn hier seiner Lebensgrundlage.
„A monkey pressed the button, but I did all the setting up. That trip cost me about £2,000 for that monkey shot. Not to mention the £5,000 of equipment I carried, the insurance, the computer stuff I used to process the images. Photography is an expensive profession that’s being encroached upon. They’re taking our livelihoods away. […] For every 10,000 images I take, one makes money that keeps me going. And that was one of those images. It was like a year of work, really.”
Wäre der Fall nach deutschem Urheberrecht zu beurteilen, dürften die besseren Argumente für die Ansicht von Wikimedia sprechen.
Selfies – egal ob von Affen oder von Menschen – dürften regelmäßig nicht den Rang einer persönlichen geistigen Schöpfung (§ 2 Abs. 2 UrhG) erreichen und deshalb nicht als Lichtbildwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG anzusehen sein.
Jedoch genießt nach deutschem Recht jeder noch so belanglose Schnappschuss ein Schutzrecht als Lichtbild nach § 72 UrhG, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine geistige Schöpfung handelt oder nicht. Dieses Schutzrecht steht nach § 72 Abs. 2 UrhG dem „Lichtbildner“ zu. Es ist deshalb im vorliegenden Fall zu klären, wer Lichtbildner des Selfies ist.
Dies ist grundsätzlich die natürliche Person, die persönlich das Lichtbild herstellt, indem sie den Blickwinkel auswählt, die Einstellung der Kamera vornimmt und den Auslöser betätigt. Dass der Affe selbst somit nicht Lichtbildner im rechtlichen Sinne ist liegt auf der Hand. „Natürliche Personen“ sind weiterhin ausschließlich Menschen – möglicherweise zum Missfallen einiger Tierschutzorganisationen.
Die Frage ist, ob der Beitrag des Fotografen – also sein finanzieller Aufwand, seine Reisestrapazen, die Tatsache dass er das Bild von seiner Kamera gezogen und möglicherweise nachbearbeitet hat – ausreicht, um ihn zumindest als Miturheber nach § 8 UrhG anzusehen. Hierfür wäre jedoch ein minimaler gestalterischer Beitrag notwendig. Ein solcher wäre bei Tierfotografen beispielsweise anzunehmen, wenn automatische Kameras im Wald installiert werden, welche durch einen Bewegungsmelder ausgelöst werden, wenn ein Tier sich im Bildfeld befindet. Hier wählt der Fotograf immerhin den Bildausschnitt vorher aus und nimmt die Einstellungen an der Kamera vor.
David Slater dürfte zur konkreten Gestaltung des Bildes jedoch vorliegend kaum einen eigenen Beitrag geleistet haben. Der Affe hat das Foto komplett selbständig, ohne irgendein Zutun von Slater, aufgenommen. Anders wäre dies beispielsweise, wenn Slater einem dressierten Affen die Kamera in der Absicht gegeben hätte, dass dieser damit fotografieren solle; er den Affen gewissermaßen als Werkzeug verwendet hätte. Man denke an „malende Hunde“. Allenfalls aus einer Nachbearbeitung des Bildes könnte sich ein gestalterischer Beitrag des Fotografen ergeben. Ob und wenn ja wie stark Slater das Bild am Computer bearbeitet hat, ist derzeit unklar.
Fazit: Der Affe kann als Tier keine Schutzrechte am Foto haben. David Slater hat ebenfalls keine Rechte hieran, da er nicht (Mit-)Urheber des Bildes ist. Somit dürfte die Auffassung von Wikimedia (nach deutschem Recht) zutreffen und das Bild in der Tat als gemeinfrei anzusehen sein.
Slater fasst den Fall zugespitzt zusammen:
„If the monkey took it, it owns copyright, not me, that’s their basic argument. What they don’t realise is that it needs a court to decide that.“
Auf die Entscheidung des Gerichts kann man gespannt sein.
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