Dieses Jahr war unter anderem geprägt von einer enormen Abmahnwelle wegen der datenschutzwidrigen Einbindung von Google Fonts. Wir hatten in mehreren Berichten bereits darauf hingewiesen, dass die Abmahnungen teilweise rechtsmissbräuchlich erfolgten. Nun scheint sich die Situation mittlerweile etwas beruhigt zu haben. Für einen Anwalt aus Berlin zieht die Abmahnpraxis jedoch rechtliche Konsequenzen nach sich. Ihm wird Abmahnbetrug und Erpressung vorgeworfen.

Ein Anwalt mit Kanzleisitz in Berlin und sein Mandant sollen bundesweit in über 2400 Fällen Privatpersonen und Unternehmen wegen der Einbindung von Google Fonts auf ihrer Homepage per Anwaltsschreiben abgemahnt haben. Darin erklärten sie sich bereit, von einem Zivilverfahren abzusehen, wenn eine Vergleichszahlung in Höhe von EUR 170,00 getätigt werde. Grundsätzlich besteht nach dem Urteil des LG München I (Urteil vom 20.01.2022, Az. 3 O 17493/20) wegen der unzulässigen Einbindung von Google Fonts ein Schadensersatzanspruch in Höhe von EUR 100,00. Jedoch haben die Beschuldigten die Abmahnschreiben wohl in reiner Gewinnerzielungsabsicht verschickt und nicht aufgrund tatsächlicher datenschutzrechtlicher Verstöße.

Laut der Generalstaatsanwaltschaft sollen die Beschuldigten mit Hilfe eines eigens dafür programmierten Software Webseiten identifiziert haben, die Google Fonts nutzen. Auf diesen Websites haben sie mittels einer weiteren automatisierten Software Websitebesuche durch den beschuldigten Mandanten fingiert. Daraufhin wurden Abmahnschreiben verfasst und an die Betreiber der Homepages verschickt. Da aber gar keine tatsächliche Person die Websites besucht hat, sondern eine Software, liegt schon gar keine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vor. Darüber hinaus sollen die Besuche bewusst vorgenommen worden sein in der Absicht, eine Übermittlung der IP‑Adresse in die USA auszulösen. Darin ist eine konkludente Einwilligung in die Datenübermittlung zu sehen, sodass schon gar kein Verstoß gegen die Datenschutzbestimmungen vorlag. Die Abmahnungen waren demnach unbegründet. In anderen Fällen sollen Websitebetreiber abgemahnt worden sein, obwohl überhaupt keine Daten in die USA übermittelt wurden.

420 der Abgemahnten sollen Anzeige erstattet haben. Etwa 2000 sollen hingegen, wohl aus Sorge vor einem Gerichtsverfahren, die geforderte Summe gezahlt haben.

Die Polizei durchsuchte mehrere Objekte in Berlin, Hannover, Baden-Baden und Schleswig-Holstein. Dabei sicherte sie Unterlagen und Datenträger, welche weiteren Aufschluss über das Vorgehen der Täter geben sollen und dem Beweis dienen. Zudem wurden Arrestbeschlüsse mit einer Gesamtsumme vom 346.000 Euro vollstreckt.

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