Mit der Zuspitzung des Nah-Ost-Konflikts stieg auch die Verbreitung von Fakenews auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter) stark an. Nun soll die EU-Kommission sogar ein Ermittlungsverfahren gegen X eingeleitet haben. Grund dafür sind Verstöße gegen den Digital Service Act.

Auslöser soll ein Tweet auf X gewesen sein, dem ein Video angehängt wurde, das einen neuen Angriff der Hamas auf Israel zeigen soll. In Wahrheit handelt es sich bei dem angeblichen Angriff um einen Ausschnitt aus dem Computerspiel „Arma3“. Ein anderer Tweet mit Israel-feindlichem Text und einem Video, welches brennende Häuser zeigt, wurde mehrfach geteilt. Es waren aber tatsächlich drei Jahre alte Aufnahmen aus Algerien. Dies sind jedoch keine Einzelfälle.

Seit dem Elon Musk die Online-Plattform X (ehemals Twitter) vor etwas über einem Jahr übernommen hat, wenden immer mehr Nutzer dem Kurznachrichtendienst den Rücken zu. Laut Bitkom will bereits jeder Dritte sein Profil in naher Zukunft löschen. Grund dafür ist der starke Anstieg von Hatespeech und Fakenews, nachdem Musk die plattforminternen Regeln gegen Hetze und Desinformation gelockert hat. Darüber hinaus wurden nach der Übernahme durch Musk zahlreiche Mitarbeiter gefeuert, die für die Moderation von Inhalten zuständig waren. Nun soll die Verbreitung von Falschinformationen seit dem Krieg zwischen Israel und Palästina noch weiter zugenommen haben.

Die EU-Kommission eröffnete nun ein Ermittlungsverfahren gegen X, da die Plattform nicht ausreichende gegen Falschinformationen vorgeht. Dafür wurden zunächst  Informationen angefordert. Elon Musk hingegen zeigt sich entspannt und behauptet in einem Tweet die EU hätte noch keine Beispiele für Desinformationen auf X vorbringen können.

Zum Vergleich: Sogar Meta teilte mit einen Krisenstab eingerichtet zu haben, welcher die Beiträge auf der Plattform überwacht und gegebenfalls mit Hilfe von Experten überprüft. Zwischen dem 7. Und 10. Oktober sollen so über 795.000 Beiträge gelöscht worden sein. Auch wenn die Löschpraxis von Meta teilweise früher schon in die Kritik geraten ist, so scheint es im Vergleich zum „Wilden Westen“ auf X doch das vorzugswürdige Vorgehen zu sein. Denn bei einer derartigen Flut an Falschinformationen gelingt es dem Nutzer immer schwerer echte Nachrichten vertrauenswürdiger Quellen von Fakes zu unterscheiden.

Die Verbreitung von Falschinformationen kann auch ein finanzielles Interesse darstellen, denn seit einiger Zeit werden Content Creator an Werbeinnahmen beteiligt. Je viraler ein Video geht, desto mehr Werbeeinnahmen können erzielt werden, wodurch wiederum die Gewinnbeteiligung steigt. Bekanntlich sind „schlechte Nachrichten gute Nachrichten“. Deshalb haben diese User ein starkes Interesse in besonders gefühlsgeladenen Situationen Fake News zu streuen, damit sie möglichst oft geliked und geshared werden.

Laut Art. 20 DSA müssen große Plattformen wie X den Nutzern eine einfache Möglichkeit geben sich über unzulässige Inhalte beschweren zu können. Diese müssen vom Betreiber zeitnah bearbeitet und  die Entscheidung dem Nutzer anschließend unverzüglich mitgeteilt werden. Der EU-Kommissar zweifelt an der Einhaltung dieser Vorgaben. Werden diese tatsächlich nicht eingehalten, so kann dem Unternehmen ein Bußgeld von bis zu 6 % des weltweiten Jahresumsatzes drohen.

 

Foto von Alexander Shatov auf Unsplash

 

Update: 

Die EU-Kommission hat nun ein förmliches Verfahren gegen X eröffnet. Dabei soll neben den bereits beanstandeten unzureichenden Maßnahmen gegen Fake News auch geprüft werden, ob die blauen Haken von Nutzern als täuschend anzusehen sind. Grundsätzlich gelten Profile mit blauen Haken als verifizierte Accounts, weshalb Nutzer solchen Profilen womöglich mehr Vertrauen entgegenbringen als anderen. Seit der Übernahme durch Elon Musk haben User die jedoch die Möglichkeit sich den blauen Haken im Rahmen eines Abos zu kaufen.

Dies ist das erste Verfahren das gegen ein Unternehmen aufgrund potentieller Verstöße gegen den DSA eröffnet wurde.