Eine kürzlich durchgeführte Untersuchung zweier Verbraucherkanzleien hat aufgedeckt, dass beinahe alle deutschen Mobilfunkanbieter über Jahre hinweg Kundendaten ohne Zustimmung der Kunden an die Schufa weitergeleitet haben. Dies hat nun eine mögliche Klagewelle gegen die Telefongesellschaften ausgelöst. Bereits im Jahr 2021 wurde bekannt, dass unrechtmäßig Handydaten von Millionen von Verbrauchern gespeichert wurden.

Das Landgericht München hat bereits im Frühling diesen Jahres (Urt. v. 25.04.2023, Az.: 33 O 5976/22) entschieden, dass die Übermittlung von Kundendaten von Telefonica Germany an die Schufa ohne entsprechende Einwilligung unzulässig ist. Die Telefongesellschaft soll sogenannte Positivdaten, also Informationen über die Beantragung, Durchführung und Beendigung eines Vertrages weitergeleitet haben. Eine derartige Verarbeitung von personenbezogenen Daten stellt einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 lit. a) DSGVO dar. In solchen Fällen haben die Betroffenen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz gemäß Artikel 82 DSGVO. Der Branchenverband der Mobilfunkanbieter (VATM) widerspricht diesem Urteil und argumentiert, dass die Datenübermittlung der Betrugsprävention dient. Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa ermöglichen eine genaue Einschätzung der Zahlungsfähigkeit der Verbraucher und sollen diese auch vor Identitätsdiebstahl schützen.

Es gibt jedoch Bedenken, dass das Scoring-System sowohl zum Nachteil der Kunden verwendet werden kann und außerdem noch nicht klar ist, wie die ausgewerteten Handydaten verwendet werden. Fest steht, dass Unternehmen zunächst die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen, bevor sie Kundendaten an Wirtschaftsauskunfteien wie die Schufa weitergeben dürfen. Basierend auf diesem Urteil planen Verbraucherkanzleien nun, Schadensersatzforderungen von bis zu 5.000 Euro für Betroffene einzuklagen. Berichten zufolge haben bereits 100.000 Verbraucher ihre Anliegen vorgebracht, und jeder dritte Mobilfunkvertrag könnte betroffen sein. Nicht nur die Telekommunikationsunternehmen, sondern auch die Wirtschaftsauskunftei selbst könnte bald vor Gericht stehen.

Bereits seit 2021 ist ein Verfahren vor dem EuGH anhängig, in dem darüber entschieden werden soll, ob das Zustandekommen eines Vertrages von Schufa-Score abhängig gemacht werden darf. Der Generalstaatsanwalt ist der Ansicht, dass der Score nicht für den Vertragsschluss maßgeblich sein darf. Die Schufa argumentiert, dass dies gar nicht der Fall sei, ist jedoch bereit, sich den neuen Entwicklungen anzupassen, falls das Urteil zu gegenteiligen Ergebnissen führen sollte.

 

– Update –

Seit dem 20.10.2023 kommt die Schufa der Forderung der Verbraucherschützer nach und löscht über 20 Millionen gesammelte Kundendaten von Handynutzern. Jedoch erscheint dieses Vorgehen nun problematisch, denn dadurch könnte die Durchsetzung der Ansprüche der Verbraucher erschwert werden. Die Verbraucher benötigen nämlich eine Datenkopie als Beweis, dass ihre Daten tatsächlich bei der Schufa gespeichert sind. Dass die Schufa gerade jetzt plötzlich einlenkt, nachdem seitens Verbraucherkanzleien eine Klagewelle droht, erscheint mehr als nur ein Zufall zu sein. Auf Nachfragen über das derzeitige Vorgehen schweigt das Unternehmen bisher.

 

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