Der BGH beschäftigte sich mit verschiedenen Fragen rund um das sogenannte Abschlussschreiben. Für juristische Laien wird dieser Begriff weitestgehend unverständlich sein. In seinem Urteil klärte der BGH jedoch einige Detailfragen der täglichen Praxis für Anwälte im Wettbewerbsrecht und gewerblichen Rechtsschutz.  Eher beiläufig äußerte er sich dabei auch zum Zeitpunkt des Beginns der Überlegungsfrist, die dem Gegner gewährt werden muss – und kam dabei zum gegenteiligen Ergebnis wie nahezu zeitgleich das LG München I (Urteil vom 25.02.2015 – 37 O 16512/14).

Rechtlicher Hintergrund: 

Das einstweilige Verfügungsverfahren hat aus Sicht eines Rechteinhabers zahlreiche Vorteile gegenüber der „normalen“ Hauptsacheklage; insbesondere führt es zu einer schnellen gerichtlichen Klärung. Es hat aber auch einen erheblichen Nachteil: Es klärt den Rechtsstreit nur vorläufig.  Möchte der Rechteinhaber eine endgültige Klärung, müsste er theoretisch trotz der einstweiligen Verfügung noch klagen. Sofern die Verfügung im Ergebnis richtig ist, hat jedoch auch der Verletzer wenig Interesse an einem Klageverfahren, da dieses nur zusätzliche Kosten auslöst, die ebenfalls der Verletzer tragen müsste, wenn das Gericht erneut zu seinen Lasten entscheiden würde (was höchst wahrscheinlich ist). Deshalb steht ihm die Möglichkeit der Abgabe einer Abschlusserklärung offen.

  • Was ist eine Abschlusserklärung?

Mit der Abschlusserklärung erkennt der Antragsgegner die Regelung einer gegen ihn erlassenen einstweiligen Verfügung als endgültige Regelung an. Mit der Abgabe dieser Erklärung verzichtet der Erklärende auf seine Rechte aus §§ 924926927 ZPO und verliert somit sein Rechtsschutzbedürfnis für das weitere Klageverfahren. Damit wird ein Hauptsacheverfahren unzulässig. Einerseits kann mit einer solchen Erklärung als kostspieliges Hauptsacheverfahren vermieden werden, andererseits sorgt die Erklärung für Rechtssicherheit zwischen den Beteiligten.

Die Abschlusserklärung hat insbesondere im Wettbewerbsrecht eine große Bedeutung. Gemäß § 11 UWG verjähren Ansprüche mit Ablauf von sechs Monaten ab Kenntnis der Wettbewerbsverletzung. Ist der Anspruch verjährt, so ist auch die einstweilige Verfügung zurückzunehmen, da diese nur vorübergehend Rechtswirkung entfaltet.

  • Was ist ein Abschlussschreiben?

Mit dem sogenannten Abschlussschreiben fordert der Gläubiger, nachdem eine einstweilige Verfügung zu seinen Gunsten ergangen ist, den Schuldner dazu auf eine Abschlusserklärung abzugeben. Regelmäßig macht der Gläubiger im Nachgang Rechtsanwaltskosten im Rahmen eines Kostenerstattungsanspruchs geltend, die wegen des Abschlussschreibens anfallen. Dafür müssen jedoch bestimmte Fristen eingehalten werden.

Urteil des BGH

In seinem Urteil stellt der BGH (Urteil vom 22.01.2015 – I ZR 59/14) zum einen fest, dass ein Anspruch auf Kostenerstattung für ein Abschlussschreiben voraussetzt, dass der Gläubiger vor dessen Übersendung eine angemessene Wartefrist von mindestens zwei Wochen nach Zustellung des Urteils, durch das die einstweilige Verfügung erlassen oder bestätigt worden ist, an den Schuldner abgewartet hat. Zum anderen muss der Gläubiger, um die Kostenfolge des § 93 ZPO im Hauptsacheverfahren zu vermeiden, dem Schuldner eine Erklärungsfrist von mindestens zwei Wochen für die Prüfung einräumen, ob er die Abschlusserklärung abgeben will. Insgesamt darf die Summe aus Warte- und Erklärungsfrist nicht kürzer als die Berufungsfrist (§ 517 ZPO) sein.

 

Update: OLG München I (Urteil vom 13.08.2020, Az. 29 U 1872/20)

In dem vorliegenden Fall teilte der Schuldner dem Gläubiger nach Zustellung der einstweiligen Verfügung, aber noch vor Ablauf der Wartefrist mit, dass er ihn unaufgefordert und innerhalb der geltenden Monatsfrist gemäß § 517 ZPO über seine Entscheidung bezüglich der Anerkennung der einstweiligen Verfügung informieren werde. Eines Abschlussschreibens seitens des Gläubigers bedürfe es deshalb nicht. Der Gläubiger verschickte trotzdem ein Abschlussschreiben und verlangte Ersatz der Kosten. Das OLG München I entschied, dass dem Antragssteller in einem solchem Fall kein Kostenerstattungsanspruch zusteht, da das versendete Abschlusschreiben in dem konkreten Sachverhalt funktionslos und überflüssig war. Die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung soll dem Gläubiger gerade dazu dienen Klarheit darüber zu erlangen, ob er noch eine Hauptsacheklage erheben muss. Der Schuldner hingegen soll die Möglichkeit haben den Rechtsstreit kostensparend und endgültig zu beenden. Vorliegend war das Abschlussschreiben also weder erforderlich noch entsprach es dem mutmaßlichen Willen des Schuldners.