Webmaster berichten seit kurzem verstärkt von dubiosen Abmahnungen per E-Mail wegen einer angeblichen Speicherung von IP-Adressen. Auch vom Beginn einer neuen Abmahnwelle ist bereits die Rede. Bei diesen Mails handelt es sich allerdings um Scheinabmahnungen, die keiner weiteren Reaktion bedürfen. Davon abgesehen werfen diese Mails einmal mehr die Frage auf, ob IP-Adressen personenbezogene Daten sind und ob Verstöße gegen Datenschutzrecht überhaupt abmahnfähig sind.

In den E-Mails wird pauschal behauptet, der Empfänger habe auf seiner Website IP-Adressen der Benutzer gespeichert. Eine solche Speicherung stelle einen Verstoß gegen das „Datenschutzgesetz“ dar und sei „laut Rechtslage ungültig“, weshalb die Zahlung eines Betrags in Höhe von 128,50 Euro innerhalb einer kurzen Frist von drei Tagen sowie die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert wird, andernfalls drohe eine Klage.

Bei diesen in schlechtem Deutsch abgefassten und auch sonst wenig professionell wirkenden Mails handelt es sich offensichtlich um den durchsichtigen Versuch, den Empfänger durch den Anschein einer Abmahnung einzuschüchtern und durch den vergleichsweise niedrig angesetzten Betrag zur Zahlung zu bewegen. Die dort aufgebaute Drohkulisse und der schräg formulierte Verweis auf die angebliche Unzulässigkeit der Speicherung von IP-Adressen wirkt jedoch wenig überzeugend. Einen Beleg, dass tatsächlich IP-Adressen gespeichert wurden, kann eine in Massen verschickte E-Mail naturgemäß nicht liefern.

Die Masche mit der Massenabmahnung per E-Mail ist nicht neu: Bereits in der Vergangenheit kam es wiederholt vor, dass Betrüger vermeintliche Verletzung urheberrechtlich geschützten Materials massenhaft per E-Mail „abmahnten“, nicht selten auch unter der Verwendung von Namen von für ihre Abmahntätigkeit bekannten Anwaltskanzleien.

Wer auf diese Abmahnung hin Recherchen anstellt, wird alsbald auf eine Diskussion um die Zulässigkeit der Speicherung von IP-Adressen stoßen und dabei feststellen, dass diesbezüglich alles andere als Klarheit herrscht. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob IP-Adressen überhaupt personenbezogene Daten sind. Wäre dies nicht der Fall, wäre die Speicherung in keinem Fall unzulässig. Mit dieser Frage hatten auch wir uns in der Vergangenheit häufiger auseinandergesetzt. Ausführlich befasst sich auch der Kollege RA Dr. Kraska in seinem Blog mit der Problematik.

Selbst wenn man die Speicherung von IP-Adressen als datenschutzrechtlich unzulässig qualifizieren will, ist damit noch lange nicht die Frage beantwortet, ob deswegen überhaupt eine Abmahnung ergehen kann. Verstöße gegen geltendes Datenschutzrecht ziehen üblicherweise Bußgelder nach sich, die von Behörden verhängt werden. Denkbar erscheint eine Abmahnung allenfalls dann, wenn der Verstoß gleichzeitig ein Wettbewerbsverstoß wäre. In der Vergangenheit haben die Gerichte jedoch regelmäßig datenschutzrechtliche Verstöße, etwa fehlende Datenschutzerklärungen, als Bagatelle eingestuft, sodass äußerst zweifelhaft ist, ob die Speicherung von IP-Adressen überhaupt abmahnfähig ist.

Fazit: Dilettantisch gestaltete Scheinabmahnungen bedürfen in der Regel keinerlei Reaktion. Sobald Zweifel bestehen, sollte jedoch anwaltlicher Rat eingeholt werden.