Der Versand von E-Mail-Werbung wirft immer wieder rechtliche Fragen auf. Viele Händler sind unsicher, wann eine Einwilligung des Kunden erforderlich ist bzw. welche Formalien gegebenenfalls zu beachten sind. Oft geht es dabei um die Frage, ob eine Einwilligung auch im Wege einer vorangekreuzten Checkbox (sogenanntes „Opt-Out-Verfahren“) oder mittels einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam eingeholt werden kann. Mit dieser Thematik beschäftigte sich kürzlich das OLG Thüringen und konkretisierte in einer Entscheidung die geltenden Vorgaben (OLG Thüringen, Urteil vom 21.04.2010, Az. 2 U 88/10; das Shopbetreiber-Blog berichtet).

Grundsätzlich gilt: Die Nutzung personenbezogener Daten, zu denen auch die E-Mail-Adresse gehört, steht unter dem Einwilligungsvorbehalt des Betroffenen, es sei denn das Gesetz sieht eine Ausnahme vor. Im Bereich der postalischen Werbung ist eine solche Ausnahme beispielsweise in § 28 Abs. 3 Satz 2 BDSG zu finden (sogenanntes „Listenprivileg“). Im Bereich der E-Mail-Werbung ist das Listenprivileg hingegen nicht anwendbar. Hier enthält § 7 Abs. 3 UWG eine Ausnahme. Danach darf E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen versandt werden, wenn

1. ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
2. der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
3. der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
4. der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

In allen anderen Fällen bleibt es beim Erfordernis der ausdrücklichen Einwilligung.

Eine ausdrückliche Einwilligung kann jedoch im Bereich der E-Mail-Werbung mittels vorangekreuzter Checkbox („Opt-Out-Verfahren“) nicht wirksam eingeholt werden. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH, Urteil vom 16.7.2008, Az. VIII ZR 348/06). Wir berichteten (BGH: „Opt-Out“-Klauseln für elektronische Werbung sind unwirksam). Das Nichtentfernen eines voreingesetzten Hakens stellt keine ausreichende Erklärungshandlung dar.

Auch die Erteilung einer Einwilligung im Rahmen Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) genügt dem Erfordernis einer ausdrücklichen Einwilligung zum Erhalt von E-Mail-Werbung nicht. Die für E-Mail-Werbung einschlägige Vorschrift des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG verlangt eine ausdrückliche und gesonderte Erklärung (“Opt-In“). Dieses Erfordernis ergibt sich aus der zugrundeliegenden EG-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (2002/58/EG). Der Datenschutzrichtlinie zufolge kann die Einwilligung

in jeder geeigneten Weise abgegeben werden, in der der Wunsch des Nutzers in einer spezifischen Angabe zum Ausdruck kommt, die sachkundig und in freier Entscheidung erfolgt; hierzu zählt auch das Markieren eines Feldes auf einer Internet-Website.

Diese Formulierung macht deutlich, dass eine gesonderte und eindeutige Zustimmungserklärung des Betroffenen erforderlich ist.

Eine ausdrückliche Einwilligung kann im Bereich der E-Mail-Werbung unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung nur durch das sogenannte „Double-Opt-In-Verfahren“ rechtssicher eingeholt werden. Hierbei meldet der Kunde sich für den Newsletter beispielsweise durch Anklicken einer Checkbox an und verifiziert seine Anmeldung anschließend mittels eines per E-Mail übersandten Bestätigungs-Links. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass keine fremde E-Mail-Adresse zur Anmeldung kommt.

Nur in Fällen, in denen die Ausnahme des § 7 Abs. 3 UWG einschlägig und eine ausdrückliche Einwilligung somit ohnehin nicht erforderlich wäre, kann hingegen auf das sogenannte Opt-Out-Verfahren bzw. die Erklärung mittels AGB zurückgegriffen werden. Hierzu hat das OLG Thüringen nunmehr klar gestellt, dass die Ausnahmeregelung eng zu verstehen sei.

Insbesondere führte das OLG Thüringen aus, dass die gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG erforderliche „Ähnlichkeit der Waren“ sich auf vom Kunden bereits gekaufte Waren beziehen und dem gleichen typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen müsse. Gegebenenfalls sei es noch zulässig, Zubehör oder Ergänzungswaren (mit) zu bewerben. Andere Produkte seien von der Ausnahmeregelung jedoch nicht erfasst und dürften ohne ausdrückliche Einwilligung nicht beworben werden.

Zu den Hinweispflichten auf die jederzeitige Abmeldemöglichkeit (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG) stellte das Gericht außerdem klar, dass die Regelung wörtlich zu verstehen sei. Bei Unvollständigkeit bzw. Fehlen der erforderlichen Abmeldehinweise liege eine Ausnahme im Sinne des § 7 Abs. 3 UWG nicht vor.

Fazit:

Newsletter auf Basis der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG zu versenden, dürfte – sofern das enge Verständnis des Thüringer OLG sich durchsetzen sollte – kaum praktikabel sein. Die im Newsletter beworbenen Produkte müssten stets auf ihre Ähnlichkeit mit den von den einzelnen Kunden bestellten Produkten überprüft und die Newsletter entsprechend individualisiert werden. Standard-Newsletter wären praktisch ausgeschlossen. Soweit in individualisierter Form von der Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht würde, beispielsweise um einzelne Kunden auf Ergänzungswaren zu einem bestimmten Produkt aufmerksam zu machen, müssten jeweils sämtliche weiteren Vorraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG eingehalten sein. Anderenfalls wäre die E-Mail-Werbung unzulässig, was nicht zuletzt kostenpflichtige Abmahnungen zur Folge haben könnte.

Um (Abmahn-) Risiken zu vermeiden und das gesamte Warenangebot bewerben zu können, empfiehlt sich vor dem Hintergrund der Entscheidung des OLG Thüringen, Einwilligungen für E-Mail-Werbung stets im Wege des Double-Opt-In-Verfahrens einzuholen.