Verbraucher sollen gemäß einem Gesetzentwurf vom 30.11.2010 künftig nur noch eingeschränkt Wertersatz leisten müssen. Die Wertersatzpflicht soll entfallen, wenn Verbraucher die Ware lediglich prüfen und den Vertrag anschließend widerrufen. Bei Onlinehändlern stößt der Entwurf auf wenig Gegenliebe. Hintergrund der Neuregelung ist die EuGH-Entscheidung zum Wertersatz vom 03.09.2009 (Rs. C-489/07, siehe auch hier). Auch der BGH entschied unlängst, dass Verbraucher ein weitreichendes Prüfungsrecht haben. Die Regierung bezweckt mit dem Gesetzentwurf die Stärkung des Verbraucherschutzes – dieser Schuss könnte allerdings nach hinten losgehen.

Gemäß dem Entwurf sollen Verbraucher Wertersatz für gezogene Nutzungen (bspw. Gebrauchsvorteile) sowie für die Verschlechterung der Sache nicht mehr leisten, soweit sie die Ware in einer Art und Weise genutzt haben, die lediglich die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise der Ware beinhaltet. Sinn und Zweck dieser Einschränkung ist, dass Verbraucher ihr Widerrufsrecht effektiv ausüben können sollen, ohne dass durch die Wertersatzpflicht zusätzlicher Druck ausgeübt wird. Diese Erwägungen lagen auch der EuGH-Entscheidung zugrunde, auf die sich die Bundesregierung ausdrücklich bezieht. Zwar ändert der Entwurf nichts an der Möglichkeit, Wertersatz zu verlangen, wenn der Verbraucher die Sache über eine bloße Prüfung hinaus benutzt, allerdings wird die Beweislast für den Umstand, dass der Verbraucher sein Prüfungsrecht tatsächlich überschritten hat, künftig beim Unternehmer liegen. Die Geltendmachung von Wertersatz wird hierdurch zusätzlich erschwert.

Dass gerade Onlinehändler von der geplanten Neuregelung wenig begeistert sind, liegt auf der Hand. Nur allzu nahe liegt die Befürchtung, die neue Gesetzeslage gebe Verbrauchern den zweifelhaften Anreiz, ihr Widerrufsrecht missbräuchlich auszuüben. Vom „globalen Leihhaus Internet“ ist bereits die Rede. Da der Gesetzentwurf auch Änderungen der Muster-Widerrufsbelehrung (sowie der Muster-Rückgabebelehrung) mit sich bringt, kommt für Betreiber von Internetshops erschwerend hinzu, dass sie ihre Belehrungstexte mit Inkrafttreten des Gesetzes zum wiederholten Male anpassen müssen. Abmahner könnten etwaige Versäumnisse ausnutzen.

Des einen Freud, des anderen Leid – so könnte man abschließend meinen. Ob diese Regelung dem Verbraucher wirklich einen Gefallen tut, bleibt indes zweifelhaft. Wenn Onlinehändler auf Grund der Neuregelung tatsächlich spürbare Wertersatzausfälle hinnehmen müssen, werden sie diese zu kompensieren versuchen. So könnten sie im Wege einer Mischkalkulation die Verluste durch Preiserhöhungen ausgleichen. Das zusätzliche Plus an Verbraucherschutz wäre teuer erkauft.

Link zur Pressemitteilung des BMJ.