Ein Blog von Rechtsanwalt Christos Paloubis

Schlagwort: tell a friend

Rechtliches Tretminenfeld für Online-Händler – Amazon Marketplace

Zwei kürzlich ergangene Entscheidungen zur wettbewerbsrechtlichen Haftung von Amazon-Marketplace-Händlern für Wettbewerbsverstöße von Amazon machen deutlich, dass sich die deutsche Justiz mit dem neumodischen Internet immer noch schwer tut. Und dass Online-Händler im Marketplace einem höheren Abmahnrisiko ausgesetzt sind als Online-Shops.

Das OLG Köln hat entschieden  (Beschluss vom 23.09.2014, Az.: 6 U 115/14), dass Marketplace Händler für Wettbewerbsverstösse von Amazon haften. Das LG Arnsberg hat fast zeitgleich entschieden (Urteil vom 30.10.2014, I-8 O 121/14), dass Marketplace-Händler für Wettbewerbsverstösse von Amazon nicht haften. Klingt ein wenig kurios. Ist es auch. Vor allem, wenn man berücksichtigt, dass die beiden Gerichte nur 134 km voneinander entfernt liegen.

BGH: Tell-a-friend kann unzulässiger Spam sein

Mit Urteil vom 12.09.2013, Az I ZR 208/12 bestätigt der BGH die bisherige Rechtsprechung der Instanzgerichte zur Tell-a-Friend-Werbung (wir berichteten hier und hier). Demnach sind Weiterempfehlungen per Tell-a-friend-Funktion, die auf den Webseiten bereitgehalten werden, als Werbung einzustufen und können, wenn unverlangt versandt, als unzulässig eingestuft werden.

Schafft ein Unternehmen auf seiner Website die Möglichkeit für Nutzer, Dritten unverlangt eine sogenannte Empfehlungs-E-Mail zu schicken, die auf den Internetauftritt des Unternehmens hinweist, ist dies nicht anders zu beurteilen als eine unverlangt versandte Werbe-E-Mail des Unternehmens selbst. Richtet sich die ohne Einwilligung des Adressaten versandte Empfehlungs-E-Mail an einen Rechtsanwalt, stellt dies einen rechtswidrigen Eingriff in den  eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

BGB § 823 Abs. 1 Ai, § 1004 Abs. 1 Satz 2; UWG § 7 Abs. 2 Nr. 3

LG Berlin bestätigt Urteil zur Tell-a-Friend-Werbung

E-Mails im Rahmen der so genannten Tell-A-Friend-Funktion sind als Werbemails einzustufen. So entschied im Frühjahr dieses Jahres das AG Berlin-Mitte ausführlich in meinem Beitrag vom 25.10.2009. Konkret betraf das Urteil Einladungsmails zu einem Online-Shoppingclub. Das LG Berlin bestätigte nun im Rahmen des Bertufungsverfahrens die Auffassung des Amtsgerichts.

Nach Ansicht des Landgerichts liege bei den Einladungsmails gerade nicht der Fall vor, dass ein Dritter aus freien Stücken das Shoppingportal weiterempfiehlt, ohne dass dieses davon Kenntnis hat. Vielmehr habe das Portal die Einladungsfunktion initiiert und deren Benutzer zur Mitwirkung bewogen, indem ihnen Prämien und Lottogewinne in Aussicht gestellt wurden. Hinzu kommt, dass die Einladungsmails über die eigentliche Einladung hinaus Werbung für verschiedene Angebote aus dem Shoppingportal selbst enthält. Das Amtsgericht habe daher zu Recht eine Störerhaftung angenommen.

AG Berlin: Hindernisse für Tell-a-Friend-Werbung

Empfehlungsmarketing ist online wie offline ein wirksames Mittel zur Gewinnung neuer Kunden. Im Internethandel hat sich dazu ein mittlerweile sehr effektives Tool etabliert, die so genannte Tell-a-Friend-Funktion. Mit ihrer Hilfe kann der Besucher einer Seite einen Dritten einfach durch Eingabe von dessen E-Mail-Adresse auf ein bestimmtes Produkt, einen Artikel oder ähnliches hinweisen. Der Dritte erhält dann eine automatisch generierte (Werbe- ?) E-Mail. Doch ein aktuelles Urteil aus Berlin setzt dieser Praxis Grenzen.

Der vom AG Berlin-Mitte entschiedene Fall betraf eine Einladungs-E-Mail für einen Online-Shoppingclub. Eine Nutzerin versandte über das vom Shoppingportal zur Verfügung gestellte Tool eine Einladungsmail an den Kläger. Trotz Aufforderung, keine weiteren Mails zu versenden, erhielt der Kläger eine Erinnerungsmail. Das Shoppingportal verpflichtete sich daraufhin, keine Mails mehr zu verschicken, wenn der Empfänger zuvor widersprochen hatte. Hinsichtlich der ersten, von der Nutzerin versandten Mail vertrat es jedoch die Auffassung, dass es dafür keine Verantwortung trage. Auch handle es sich nicht um Werbemails, weil kein konkretes Produkt beworben würde.

Dieser Ansicht erteilte das AG Berlin-Mitte eine Absage. Bereits die erste Mail verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers. Bei dieser Mail handle es sich nicht etwa um einen freundlichen Hinweis, sondern sehr wohl um Werbung, da diese Empfehlungsmails ein wesentlicher Bestandteil des Marketingkonzepts des Betreibers sei. Werbemails bedürfen grundsätzlich der vorherigen Zustimmung des Empfängers. Unerheblich ist, dass nicht der Betreiber selbst, sondern ein Benutzer die Mail verschickt, denn der Betreiber haftet zumindest als Mitstörer.

Nach diesem Urteil sollten betroffene Dienste ihr gesamtes Empfehlungsmarketing auf den Prüfstand stellen. Fraglich ist nämlich, ob nach diesem Urteil Tell-a-Friend-Werbung überhaupt noch zulässig ist. Die Vorschläge einiger Autoren

Bei E-Mail-Einladungen zu Shopping-Clubs und auch sonstigen E-Mail-basierten Tell-a-friend-Funktionen wie Produktempfehlungen ist Vorsicht geboten. Sie sollten in jedem Fall neutral gestaltet und nicht durch Gutscheine, Prämien oder Ähnliches incentiviert sein. (Quelle: Internetworld)

scheinen an der Realität vorbei gehen. Ohne incentive für den Einlader wird die Anzahl von Empfehlungs- bzw Einladungsmails mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr bald gegen null gehen. Für  Shopping-Clubs, deren wesentliches Marketingelement eben diese Empfehlungsmails darstellen, bedeutet dies, dass deren Konzepte dringend auf den Prüfstand gehören.

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