In den letzten Jahren hat das NetzDG für viele Diskussionen gesorgt, insbesondere wenn es um die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern für Hasskommentare und strafbare Inhalte geht. Nun hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in einem Verfahren entschieden, dass das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht auf soziale Netzwerke mit Sitz in EU-Ausland anwendbar ist. Doch was genau bedeutet das für Tech-Giganten wie Meta?

Hintergrund:

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) ist seit 2017 in Deutschland in Kraft und verpflichtet soziale Netzwerke, gemeldete rechtswidrige Inhalte innerhalb einer bestimmten Frist zu löschen oder zu sperren. Bei Verstößen drohen den Plattformbetreibern hohe Bußgelder.

Gemäß § 3a NetzDG unterliegen Betreiber von sozialen Netzwerken einer Meldepflicht. Demnach müssen sie Meldungen von Nutzern über rechtswidrige Inhalte prüfen und gegebenenfalls an das Bundeskriminalamt weiterleiten.

Als Gegenvorstellungsverfahren wird in § 3b NetzDG ein Verfahren bezeichnet, bei dem der Nutzer eines sozialen Netzwerkes einerseits vor der Entfernung seiner Inhalte eine Überprüfung der Entscheidung verlangen kann.  Andererseits kann ein Nutzer der einen rechtswidrigen Inhalt gemeldet hat eine Entscheidung überprüfen lassen, wenn der gemeldete Inhalt nicht vom Betreiber gelöscht wurde.

Beschluss: 

In dem vorliegenden Fall hatte Meta in einem Eilverfahren eine vorläufigen Feststellung beantragt, als Betreiber weder nach § 3a noch nach § 3b NetzDG verpflichtet zu sein. Im Rahmen dieses Eilverfahrens gab das VG Köln dem Antrag nur teilweise in Bezug auf die Unanwendbarkeit des § 3a NetzDG statt. Meta erhobt  Beschwerde gegen die unzureichende Feststellung und bekam nun auch in Hinblick auf § 3b NetzDG Recht vom OVG Nordrhein-Westfalen.

Das Gericht entschied in seinem Beschluss (Beschl. v. 21.03.2023, Az. 13 B 381/22), dass das NetzDG nur auf inländische Plattformen anwendbar sei und keine extraterritoriale Wirkung habe. Da Meta jedoch einen Sitz in Irland hat, kann es schon gar nicht nach § 3a, 3b NetzDG verpflichtet werden.

Dazu führte das Gericht in seinem Beschluss aus:

Es liegen gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anwendung der Regelung auf in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Anbieter sozialer Netzwerke wie die Antragstellerin unionsrechtswidrig wäre, weil sie gegen das in § 3 Abs. 2 TMG i. V. m. Art. 3 Abs. 2 RL 2000/31/EG (E-Commerce-RL) verankerte Herkunftslandprinzip verstößt. […] Ziel der Anwendung des Herkunftslandprinzips im koordinierten Bereich ist es, den freien Verkehr von regelmäßig grenzüberschreitenden und damit binnenmarktrelevanten „Diensten der Informationsgesellschaft“ zu gewährleisten, indem einerseits jeder Mitgliedstaat die bei ihm niedergelassenen Anbieter nach seinem Recht reguliert, andererseits jeder der solchermaßen regulierten Anbieter einheitlich nach seinem Herkunftslandrecht binnenmarktweit seine Dienste anbieten und erbringen kann.

Fazit:

Diese Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen hat wichtige Auswirkungen auf die Anwendung des NetzDG auf soziale Netzwerke mit Sitz im EU-Ausland. Plattformbetreiber, die nicht in Deutschland geschäftsmäßig tätig sind, können nicht nach dem NetzDG belangt werden. In diesem Zusammenhang sei jedoch darauf hingewiesen, dass Plattformbetreiber nach anderen Rechtsvorschriften wie dem europäischen Datenschutzrecht oder dem Telemediengesetz zur Einhaltung von Rechtsnormen verpflichtet sein können. Darüber hinaus wird diese Gerechtigkeitslücke wohl mit dem in Kraft treten des Digital Service Acts geschlossen, denn darin sollen insbesondere die GAFAM zur Verantwortung gezogen werden (wir hatten berichtet).

 

Foto von Mariia Shalabaieva auf Unsplash