Mit Hatespeech ist jede Form von Äußerung gemeint, die Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus oder andere Formen von auf Intoleranz basierendem Hass rechtfertigt oder fördert. Die Fälle von Hatespeech steigen weiterhin rasant an. Die Anonymität des Internets scheint für die Täter eine Berechtigung darzustellen, Mitmenschen gegenüber ehrverletzende Äußerungen zu veröffentlichen. Dass dies erhebliche Folgen für das Opfer nach sich ziehen kann, ist wohl allgemein bekannt.

Aber welche Rechte hat das Opfer gegenüber dem Täter? Welche Pflichten treffen dabei die Plattformen? Und wie kann man sich dagegen wehren?

1.Was ist geschützt?

Die Meinungsfreiheit ist als Grundrecht gemäß Art. 5 GG geschützt. Dieser Schutz gilt jedoch nur insoweit, als dass die Rechtsgüter anderer Personen, wie die Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG) oder das Allgemeine Persönlichkeitsrecht, nicht davon berührt werden.

Artikel 5 GG

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten […].

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.
[…]

Folgende Hetzkommentare wurden in Bezug auf die Grüne-Politikerin Renate Künast auf der Social Media Plattform Facebook gepostet:

„Dieses Stück Scheisse“

„Diese hohle Nuß gehört entsorgt, auf die Mülldeponie aber man darf ja dort keinen Sondermüll entsorgen.“

„schlampe”

„Pfui, du altes grünes Dreckschwein…”

Künast ließ sich die Kommentare jedoch nicht gefallen und zog vor Gericht (KG, Beschluss vom 11.03.2020 – 10 W 13/20). Mit Erfolg.

2. Ansprüche gegenüber dem Täter:

a) Zivilrechtlich

In der Regel besteht ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB analog, durch den der Betroffene die Beendigung einer noch fortdauernden Verbreitung der rechtsverletzenden Äußerungen erreichen und eine erneute Verbreitung verhindern kann. Um schneller Rechtschutz zu erreichen, kann dies auch im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden.

Daneben gewährt § 823 Abs. 1 BGB dem Opfer einen Anspruch auf Schadensersatz, wenn es durch eine vorsätzliche oder fahrlässige Handlung des Täters in seinen Rechten verletzt wurde. Darunter fallen insbesondere Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Werden außerdem auch Normen des Strafrechts verletzt, so ist auch § 823 Abs. 2 BGB einschlägig.

b) Strafrechtlich

Hier kommen hauptsächlich Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung gem. §§ 185-187 StGB in Betracht. Sie schützen die persönliche Ehre des Opfers.

3. Rechte gegenüber der Plattform:

a) Vertraglich

Viele Plattformen legen in ihren AGB bestimmte Richtlinien fest, anhand derer sie die Nutzer zur Einhaltung sogenannter „Gemeinschaftsstandards“ verpflichten. In diesen Nutzungsbedingungen wird in aller Regel die „Hassrede“ untersagt und die Plattformen verpflichten sich gegen etwaige Verstöße vorzugehen.

b) Gesetzlich

In den letzten Jahren versucht auch der Gesetzgeber die Plattformen verstärkt gesetzlich zu verpflichten und so für mehr Rechtssicherheit zu sorgen.

aa) Auskunftsanspruch

Gemäß § 21 Abs. 2 und 3 TTDSG besteht ein Auskunftsanspruch des Verletzten gegenüber der Plattform auf die Bestandsdaten des Täters. Voraussetzung ist, dass die angefragten Bestandsdaten zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte im Sinne von § 1 Abs. 3 NetzDG erforderlich sind. Darüber hinaus kann der Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn zuvor eine gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit der Auskunftserteilung ergangen ist.

bb) Prüfpflicht

Nach § 3 NetzDG sind soziale Netzwerke außerdem dazu verpflichtet, ein wirksames und transparentes Verfahren zu gewährleisten. Unter anderem muss eine Beschwerde unverzüglich nach Kenntnisnahme geprüft werden. Stellt sich dabei heraus, dass es sich um einen „offensichtlich rechtswidrigen Inhalt“ handelt, so muss dieser innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Meldung entfernt werden.

cc) Haftungsbefreiung

Werden rechtswidrige Informationen auf einer Plattform verbreitet, kann sich diese nach § 10 TMG von einer eigenen Haftung befreien. Vorausgesetzt ist, dass sie keine Kenntnis von der rechtswidrigen Handlung hatte oder nach Kenntniserlangung unverzüglich durch Löschen der Information oder Sperren des Zugangs tätig wurde. Dieses Vorgehen wird auch als „Notice and Takedown“-Prinzip bezeichnet.

Durchsetzung der Ansprüche:

  • Außergerichtliche Schritte:
    • In Bezug auf das „Notice and Takedown“-Prinzip sollte zunächst die Plattform über die Rechtsverletzung benachrichtigt werden, mit dem Ziel eine Löschung des Inhalts oder Sperrung des Zugangs zu erwirken.
      • Beitrag bzw. Kommentar bei Facebook oder Instagram melden:
        1) Rechts oben neben dem betreffenden Beitrag/ Kommentar auf das Menü 
        (drei Punkte) klicken.
        2) „Melden“ auswählen.
        3) Grund für die Meldung auswählen:
           a) z.B. Hassrede,
              Gewalt, 
              Belästigung, usw. 
           -> es öffnet sich ein Hinweis-Fenster mit einer Liste von 
              Gründen, die gemäß der Richtlinien zu einer Löschung des
              Beitrags/Kommentars führen. 
            aa) Trifft einer der Gründe zu, dann die Meldung 
                bestätigen. 
            --> Es erscheint eine Hinweis über den Erhalt der Meldung. 
            bb) Trifft keiner der Gründe zu, so wird auf die 
                Möglichkeit verwiesen das Profil zu blockieren oder 
                weitere Beiträge des Profils zu verbergen.
           b) „Beitrag als rechtswidrig gemäß NetzDG melden“
           -> es öffnet sich in einem neuen Tab das Formular "Meldung 
              gemäß NetzDG", das ausgefüllt und abgesendet werden 
              muss.
           Das Formular lässt sich auch direkt über den Hilfebereich 
           unter "Inhalte melden und Richtlinien" aufrufen.
    • Ist die wahre Identität des Täters bekannt, dann kann dieser im Rahmen einer Abmahnung zu einer strafbewehrten Unterlassungserklärung veranlasst werden. Sollten Sie nähere Fragen dazu haben oder Unterstützung brauchen, kontaktieren Sie uns gerne.
  • Schritte im gerichtlichen Verfahren
    • Sollte die Identität des Täters unbekannt sein, kann die Plattform gemäß § 21 Abs. 2 und 3 TTDSG im Wege einer gerichtlichen Anordnung zur Herausgabe der Bestandsdaten verpflichtet werden.
    • Sollte der Täter eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ablehnen, so kann im Rahmen des zivilrechtlichen Verfahrens auf Erlass eines Unterlassungsurteils geklagt werden.
    • Im Rahmen von Beleidigungen und Verleumdungen wird regelmäßig eine Eilbedürftigkeit gegeben sein, die Unterlassung zu erreichen. Der Erlass einer Einstweiligen Verfügung ergeht auf Basis einer Glaubhaftmachung, ohne Anhörung des Antragsgegners. Somit kann innerhalb kurzer Zeit ein entsprechender Beschluss erreicht werden, welcher den Täter zur Unterlassung verpflichtet.
    • Ist darüber hinaus ein Schaden in Folge der Verbreitung des Hatespeech entstanden, so kann dieser im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs vor Gericht geltend gemacht werden.
    • Sollte einer der zuvor genannten Straftatbestände einschlägig sein, so müssen diese gemäß § 194 Abs.1 StGB für eine weitere Verfolgung angezeigt werden. Dies kann mündlich oder schriftlich bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft erfolgen. Die Anzeige kann auch anonym erstattet werden, jedoch erfolgt dann auch keine Information über den Ausgang des Verfahrens. Um Bürger in solchen Situationen besonders zu unterstützen wurde die Meldestelle „REspect“ eingerichtet, über die Betroffene hassverbreitende Inhalte melden und schnell Hilfe erhalten können.
  • Tipp: Hatespeech immer möglichst genau dokumentieren, beispielsweise durch Screenshots, um der Beweispflicht vor allem im gerichtlichen Verfahren nachkommen zu können.

 

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