Am 23.04.2022 einigten sich das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten auf eine gemeinsame Fassung des Digital Service Act (DSA). Fortan soll nun im gesamten EU-Raum das Prinzip gelten: Was bereits offline illegal ist, soll auch online illegal sein. Ziel ist also die stärkere Regulierung des Internets, damit weniger Hass, Hetze und Desinformation verbreitet werden. Dies soll insbesondere durch strengere Auflagen für Tech-Giganten garantiert werden.

EU-Neuregelungen:

Der DSA soll spätestens zum 1. Januar 2024 in Kraft treten und damit die E-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2020 aktualisieren. Es richtet sich an Unternehmen die Daten in der EU übertragen und speichern. Dabei werden vor allem sehr große Unternehmen, also Unternehmen mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzern in der EU, in die Verantwortung genommen. Damit sind insbesondere Google, Amazon und Co. betroffen. Ganz nach dem Motto:

Aus großer Kraft folgt große Verantwortung.

Die Internetkonzerne sollen per Gesetz verpflichtet werden verstärkt gegen Hassnachrichten und Kriegspropaganda vorzugehen, z.B. durch Sperren von Nutzern, die häufig illegale Inhalte oder betrügerische Anzeigen verbreiten. Zudem sollen illegale Inhalte „unverzüglich“, also innerhalb von 24 Stunden nachdem sie gemeldet wurden, gelöscht oder unzugänglich gemacht werden. Außerdem müssen große Plattformen auch gegen sogenannte Rache-Pornos vorgehen, also die Verbreitung von Nacktbildern in Internet durch den Ex-Partner.

Auf der anderen Seite werden Nutzer ein Recht auf Einspruch gegenüber der Plattform und Einleitung rechtlicher Schritte haben, wenn Inhalte widerrechtlich gelöscht oder gesperrt wurden. Zudem soll die automatische Content-Moderation, die diskriminierend hinsichtlich Geschlecht, Rasse, ethnischer Herkunft, Weltanschauung, Behinderung oder Alter ist, verboten werden.

Auch im Bereich der personalisierten Werbung sollen nutzerfreundliche Vorschriften eintreten, indem mehr Transparenz geschaffen wird. Insbesondere soll dem Nutzer ersichtlich sein, anhand welcher Parameter die Empfehlungsalgorithmen ablaufen und wie sie geändert werden können. Außerdem muss künftig erkennbar gemacht werden von wem die Anzeige finanziert wird.

Ohne die Zustimmung des Nutzers dürfen vor allem auch keine besonders sensiblen Daten, wie Gesundheitsdaten, sexuelle Orientierung, politische Einstellung und Religionszugehörigkeit, für gezielte Werbung benutzt werden. Im Fall von Minderjährigen wird personalisierte Werbung vollständig verboten.

Daneben sollen auch sogenannte Dark Patterns verboten werden. Damit ist beispielsweise das Hervorheben des Buttons Zustimmen gemeint, während man sich zur Ablehnen-Option erst durchklicken muss. Damit soll verhindert werden, dass der User in seiner Entscheidung beeinflusst wird.

Nutzer und NGOs können zusätzlich illegale Inhalte, Dienste oder Güter melden. NGOs können außerdem von Behörden zu „vertrauenswürdigen Hinweisgebern“ ernannt werden. Plattformen müssen dann mit ihnen zusammenarbeiten.

Deutsches Recht:

Hass und Hetze sind eine ganz große Gefahr für unsere Demokratie

– Bundesjustizministerin Christine Lambrecht

Bereits im Jahr 2017 gab es erste Versuche des deutschen Gesetzgebers durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz digitale Konzerne zur Einhaltung bestimmter Rechte und Pflichten zu bringen. Damit ist Deutschland Vorreiter im Kampf gegen den Hass im Internet. Einige befürchten jedoch, dass der Schutzstandart des DSA bei großen Plattformen hinter dem des NetzDG zurückfallen wird. Andererseits werden mit dem DSA auch kleinere Plattformen verpflichtet, was beim NetzDG nicht der Fall ist.

Durchsetzung der Regeln:

Damit die Einhaltung der Regeln sichergestellt werden kann, sollen die Unternehmen den Behörden Zugang zu ihren Daten gewähren. Dafür soll europaweit das European Digital Service Board zuständig sein. In den Mitgliedsstaaten sollen Digital Service Coordinators mit der Aufsicht beauftragt werden. In Deutschland käme dafür die Bundesnetzagentur oder die Landesmedienanstalten in Frage.

Außerdem sollen Wissenschaftler und NGOs Einblick in die Funktionsweise der Algorithmen der Plattformen erhalten. Das soll ihnen helfen Risikoanalysen besser durchführen zu können.

Bei Nichteinhaltung der DSA-Vorschriften drohen Bußgelder von bis zu 6% des Jahresumsatzes und Zwangsgeld von 5% des Tagesumsatzes des betroffenen Unternehmens. Bei wiederholten schweren Verstößen kann gegenüber einem Konzern sogar ein Verbot ausgesprochen werden, weiterhin auf dem EU-Markt tätig zu sein.

Fazit:
Der DSA stellt eine große Hilfe im Kampf gegen Hass und Hetze in Europa dar. Auch wenn die Macht- und Wirtschaftszentren des digitalen Raums in den USA liegen, so ist der zweitgrößte Markt die EU. Man kann also davon ausgehen, dass sich Tech-Giganten wie Amazon und Google an die Regelungen halten, um sich hier nicht den Markt zu verbauen. In manchen EU-Mitgliedstaaten ist der DSA überhaupt die erste gesetzliche Regelung für Plattformen. Jedoch wird sich erst mit der Zeit zeigen, wie effektiv der DSA letztlich durchgesetzt werden kann. Ob der DSA auch in Deutschland wirklich als Errungenschaft gefeiert werden kann oder dadurch nicht eher das bereits hohe Schutzniveau des NetzDG gemindert wird bleibt ebenfalls abzuwarten.

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