Das LG Köln hat mit einer einstweiligen Verfügung vom 18.08.2020 die Rechtsprechung zu Löschungsansprüchen gegenüber Bewertungsplattformen erweitert. Besonders bemerkenswert ist dabei die Einbeziehung der Covid-19-Krise, welche nach Auffassung des Gerichts Plattformbetreiber nicht aus der Pflicht nimmt, innerhalb von 14 Tagen auf Beschwerden zu reagieren.

Online-Bewertungen sind, aufgrund ihrer zentralen Rolle bei der Auswahl potentieller Vertragspartner, für die bewerteten Unternehmen von großer Bedeutung und somit häufig Gegenstand gerichtlicher Verfahren. Mit seiner einstweiligen Verfügung hat das LG Köln der Thematik nun eine weitere Entscheidung hinzugefügt (LG Köln, Beschluss vom 18.08.2020 – 28 O 279/20).

Generell gilt es bei Streitigkeiten über Online-Bewertungen stets, die verletzten Rechte des Bewerteten gegen die Meinungsfreiheit des Bewerters und das Interesse der Plattform an der Verbreitung dieser Meinung abzuwägen. Plattformbetreiber haben dabei keine Pflicht die einzelnen Bewertungen schon im Voraus auf offenkundig rechtswidrige Inhalte zu prüfen. Sobald jedoch ein betroffenes Unternehmen, in einer Beschwerde an die Bewertungsplattform, eine Rechtsverletzung glaubhaft darlegt, so hat die Plattform zeitnah zu reagieren, um den ihr zumutbaren Prüfpflichten nachzukommen. Gegebenenfalls ist, nach einer Anhörung des Bewertenden, die Beitrag zu löschen.

Vorliegend wollte sich ein Unternehmen gerichtlich gegen eine negative Google-Bewertung wehren, nachdem diese auch auf zweifache Beschwerde bei Google nicht entfernt wurde. Dabei machte die Antragstellerin laut Gericht glaubhaft, dass die Bewertung mit nur einem von fünf möglichen Sternen nicht auf einer konkreten tatsächlichen Erfahrung mit dem Unternehmen der Antragstellerin beruhe. Das LG Köln führte zur Interessenabwägung Folgendes aus:

In einem solchen Fall überwiegt das Interesse der Antragstellerin am Schutz der sozialen Anerkennung die Interessen des Bewertenden an der Äußerung der dargestellten Meinung im Portal der Antragsgegnerin und damit auch der Antragsgegnerin selbst an der Kommunikation und Verbreitung dieser Meinung.

Folglich habe die Antragstellerin einen Verfügungsanspruch aus den §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG, wonach die betreffende Bewertung zu löschen sei.

Insoweit enthält die Verfügung bei der rechtlichen Beurteilung ungerechtfertigter Negativbewertungen wenig Abweichungen von früheren Urteilen. Beispielsweise hat bereits am 12.01.18 das LG Hamburg in einem ähnlichen Sachverhalt und nach vergleichbaren Überlegungen ebenfalls zu Gunsten des bewerteten Unternehmens entschieden (LG Hamburg, Urteil vom 12.01.2018, 324 O 63/17).

Neu und bemerkenswert sind an der Entscheidung des LG Köln nun jedoch die Auswirkungen der „Corona-Pandemie“ auf die angemessene Reaktionszeit der Plattformbetreiber. Wie sich aus einem Artikel des Legal Tribune Online, welchem wiederum ein Gespräch mit dem Anwalt der Antragstellerin zugrunde liegt, ergibt, wies Google wie folgt auf eine verlängerte Bearbeitungsdauer hin:

Aufgrund unserer Vorsorgemaßnahmen als Reaktion auf die Ausbreitung von COVID-19 kann die Beantwortung Ihrer Anfrage länger dauern. Wir bitten etwaige Unannehmlichkeiten zu entschuldigen.

Darüber hinaus habe die Antragsgegnerin nicht auf die Beschwerde reagiert.

Nach der Auffassung des LG Köln rechtfertige ein pauschaler Hinweis auf die durch Vorsorgemaßnahmen gegen eine Ausbreitung des Covid-19-Virus erschwerte Lage keine Bearbeitungsfrist von über 14 Tagen.

Das Landgericht setzt damit ein erstes Anzeichen, dass auch ähnliche Verweise zu längeren Bearbeitungszeiten aufgrund der Corona-Lage vor Gericht wohl selten fristverlängernde Wirkung haben dürften. Somit bleibt, auch über den Bereich der Bewertungsportale hinaus, zu beobachten, ob und inwiefern sich durch Covid-19 erschwerte Bearbeitungsprozesse für eine Verlängerung der Reaktionsfristen geltend machen lassen.