In einem Verfahren musste sich der EuGH mit der Frage befassen, ob Online-Händler ihre Telefonnummer zur Kontaktaufnahme immer angeben müssen (Az. C-649/17, Urteil vom 10.07.2019). Der deutsche Gesetzgeber setzt die Angabe zwingend voraus, um vorvertraglichen Informationspflichten zu genügen. Im Mittelpunkt stand die Frage, ob dies im Einklang mit der  Verbraucherrechterichtlinie (2011/83/EU) steht.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. rügte den Umgang von Amazon mit Kontaktinformationspflichten. Im zugrundeliegenden Fall konnten Verbraucher zwischen verschiedenen Formen der Kontaktaufnahme wählen: E-Mail, Sofortnachrichtenübermittlung, Rückruf oder Anruf (allgemeine Hilfenummer). Amazon empfahl dabei, die allgemeine Hilfenummer nicht zu nutzen. Nach Ansicht des Bundesverbands war daher die Bereitstellung effizienter Mittel zur Kontaktaufnahme somit nicht gegeben, da Verbraucher nicht klar und verständlich über eine (geeignete) Telefonnummer des Händlers informiert wurden.

Im Mittelpunkt stand die Auslegung der Wendung „gegebenenfalls“. Die deutsche Fassung von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie (2011/83/EU) lautet wie folgt:

die Anschrift des Ortes, an dem der Unternehmer niedergelassen ist, und gegebenenfalls seine Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse, damit der Verbraucher schnell Kontakt zu ihm aufnehmen und effizient mit ihm kommunizieren kann, sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt;

Dagegen lautet Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB, der der Umsetzung dieser Richtlinie diente:

seine Identität, beispielsweise seinen Handelsnamen sowie die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, seine Telefonnummer und gegebenenfalls seine Telefaxnummer und E-Mail-Adresse sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt,

Die Klage des Bundesverbandes auf gegen Amazon war abgewiesen worden (LG Köln, Az. 33 O 233/14). Auch das OLG Köln hatte die Berufung zurückgewiesen (Az. 6 U 180/15), da Amazon andere geeignete Mittel zur schnellen Kontaktaufnahme anbot. Das Gericht hatte allerdings die Revision zugelassen. Der BGH setzte das Verfahren aus und legte die Frage der Auslegung zur Vorabentscheidung vor.

Der EuGH stellte in seiner Entscheidung nun auf den Zweck der Verbraucherrechterichtlinie ab. Diese zielt insbesondere auf die Möglichkeit der effizienten und schnellen Kontaktaufnahme ab. Diese sei für die Wahrung und Durchsetzung der Verbraucherschutzrechte wesentlich. Zu beachten sei allerdings ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen dem Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sowie seine unternehmerische Freiheit.

 Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83 zwar nicht die genaue Art des vom Unternehmer bereitzustellenden Kommunikationsmittels festlegt, diesen jedoch verbindlich dazu verpflichtet, jedem Verbraucher ein Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen, über das dieser schnell mit ihm in Kontakt treten und effizient mit ihm kommunizieren kann.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen der Verbraucher mit dem Unternehmer über eine Internetseite Kontakt aufnimmt, insbesondere in Anbetracht der Aufmachung und Funktionalität dieser Seite, die dem Verbraucher von diesem Unternehmer zur Verfügung gestellten Kommunikationsmittel es dem Verbraucher ermöglichen, mit dem Unternehmer im Einklang mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83 schnell in Kontakt zu treten und effizient mit ihm zu kommunizieren.

Weiter rügt das Gericht Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB, der den Online-Händlern konkret die Angabe von Telefonnummern auferlegt:

 Zudem erscheint eine unbedingte Verpflichtung, dem Verbraucher stets eine Telefonnummer zur Verfügung zu stellen oder gar einen Telefonanschluss, Faxanschluss oder ein E-Mail-Konto neu einzurichten, damit die Verbraucher mit dem Unternehmer in Kontakt treten können, unverhältnismäßig, insbesondere im wirtschaftlichen Kontext des Betriebs bestimmter, vor allem kleinerer, Unternehmen, die ihre Betriebskosten möglicherweise dadurch zu reduzieren suchen, dass sie den Vertrieb oder die Dienstleistungserbringung im Fernabsatz oder außerhalb ihrer Geschäftsräume organisieren.

und zuletzt:

Nach alledem ist die Wendung „gegebenenfalls“ in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2011/83 dahin auszulegen, dass sie die Fälle erfasst, in denen der Unternehmer über eine Telefonnummer oder Telefaxnummer verfügt und er diese nicht allein zu anderen Zwecken als dem Kontakt mit den Verbrauchern verwendet. Anderenfalls verpflichtet ihn diese Bestimmung nicht, den Verbraucher über diese Telefonnummer zu informieren oder gar einen Telefon- oder Faxanschluss bzw. ein E?Mail-Konto neu einzurichten, damit die Verbraucher mit ihm in Kontakt treten können.

 

Entscheidend ist also, dass jedem Verbraucher hinreichend Kommunikationsmittel zur Verfügung stehen, die eine schnelle und effiziente Kommunikation mit dem Händler ermöglichen. Wann diese Voraussetzungen jeweils erfüllt sind, ergibt sich aus den Umständen des Einzelfalles.

Das Urteil zeigt, dass die Verbraucherrechterichtlinie vom deutschen Gesetzgeber unzureichend umgesetzt wurde.