Die Rechtsprechung der deutschen Gerichte zum Keyword Advertising ist weiterhin uneinheitlich und wenig übersichtlich. Trotz der einschlägigen EuGH-Entscheidungen (Google und Google France (Louis Vuitton u.a.), Bananabay, Portakabin), nach denen eine Markenrechtsverletzung nur im Fall einer Zuordnungsverwirrung in Betracht kommt, hielt beispielsweise das OLG Braunschweig an seiner restriktiven Rechtsprechung fest (vgl. unseren Beitrag vom 1.2.11). Anders hingegen entschied das LG Berlin mit Urteil vom 22.09.2010 (Az.: 97 O 55/10), das den Leitlinien des EuGH folgte. Dabei waren beide Fälle sehr ähnlich gelagert: Ebenso wie im vom OLG Braunschweig zu entscheidenden Fall war auch hier das streitgegenständliche Keyword durch die Funktion „Weitgehend passende Keywords“ Bestandteil der Anzeigenkampagne des Werbenden geworden.
Als Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung zog das LG Berlin die EuGH-Entscheidung „Google und Google France“ (Rs. C-236/08 bis 238/08) heran und stellte hiervon ausgehend nochmals klar, dass eine Markenrechtsverletzung grundsätzlich zu bejahen ist, wenn die Anzeige suggeriert, dass zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung bestehe. Dazu ist bereits ausreichend, dass die Anzeige hinsichtlich der Herkunft der beworbenen Ware oder Dienstleistung so vage gehalten ist, dass sich ein verständiger Internetnutzer auf Grund der Gestaltung der Anzeige nicht sicher sein kann, ob zwischen dem Werbenden und dem Markeninhaber eine wirtschaftliche Verbindung besteht.
Das Gericht entschied, dass die Anzeige im konkreten Fall eine solche wirtschaftliche Verbindung nicht suggeriert. Weder enthält die Anzeige den Text der Marke noch eine Bezugnahme hierauf, so dass der durchschnittlich befähigte Internetnutzer regelmäßig nicht annehmen wird, Anzeigenersteller und Markeninhaber seien wirtschaftlich verbunden. Bei der Beurteilung des Anzeigeninhalts hat das Gericht dem Umstand, dass die Anzeigen im Rahmen des AdWords-Programms durch das Wort „Anzeigen“ gekennzeichnet ist, besondere Bedeutung beigemessen: Bei Werbeanzeigen erwartet der Nutzer nach Ansicht des Gerichts regelmäßig Anzeigen der Konkurrenz, deshalb sei die Herkunftsfunktion in solchen Fällen nicht beeinträchtigt. Eine markenrechtlich relevante Zuordnungsverwirrung liegt nach alldem nicht vor.
Fazit: Dass zwei Gerichte einen nahezu gleich gelagerten Fall diametral entgegengesetzt beurteilen, offenbart, dass die EuGH-Urteile die gewünschte Klarheit längst nicht bewirkt haben. Erst der BGH wird in dieser Frage Rechtssicherheit schaffen. Wer bis dahin auf die Benutzung fremder Marken nicht verzichten kann oder will, sollte bei seinen Kampagnen gewisse Vorsicht walten lassen: Die Marke selbst darf nicht im Werbetext zum Vorschein kommen. Ebenso sollte die Identität des Werbenden erkennbar sein. Gerade die Funktion „Weitgehend passende Keywords” birgt erhebliche Risiken.
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