Ein Blog von Rechtsanwalt Christos Paloubis

Schlagwort: Reform des Urheberrechts

Der Meme-Paragraph – gesetzliche Vorgaben beim Erstellen eines Memes

Das Meme ist ein lustiger Beitrag, den jedermann erstellen und im Internet posten kann. Die Beiträge zeichnet es aus, dass sie aus einem Bild bzw. einem Kurzvideo bestehen und ein passender Text zu diesem hinzugefügt wird. Die Kombination aus Text und Bild lässt ein lustiges Gesamtbild, das Meme entstehen.

Neues Urheberrecht – jetzt mit Meme-Paragraph?

Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) veröffentlichte am 13.10.2020 einen weiteren Referentenentwurf zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts. Der Entwurf soll die Umsetzung der umstrittenen EU-Urheberrechtsrichtlinie in nationales Recht sicherstellen. Viele befürchteten vor Verabschiedung der Richtlinie im Jahr 2019, dass die sogenannten Uploadfilter die Meinungsfreiheit im Internet radikal einschränken würden. Die Menschen gingen auf die Straße. Der Tod der Memes stünde bevor. Der neue Entwurf scheint aber einen „Meme-Paragraphen“ vorzusehen. Hiernach wären nicht nur die Memes gerettet; die Nutzungsmöglichkeiten urheberrechtlich geschützten Materials gehen deutlich weiter als nach der heutigen Rechtslage.

Update 2021: aktueller Beitrag nach Inkrafttreten!

Beitrag bei golem.de vom 16.04.2019 zu den Demonstartionen gegen die EU-Urheberrechtsreform

Urheberrechtsdebatte: echte Experten sollen das Urheberrecht auf den Prüfstand stellen

SPON berichtet via Urheberrecht und Filesharing: Viel Meinung, wenig Wissen. über die Intiative der Justizministerin „Zukunftsforum Urheberrecht“ in der Akademie der Künste in Berlin. Anstelle der polarisierenden und wenig faktenbasierten Urheberrechtsdebatte durch selbsternannte Experten (auf beiden Seiten) soll nun ein neuer Ansatz Bewegung und möglicherweise auch eine Lösung zu dem Thema bringen:

Nach der erregten Betroffenheitsprosa des Frühjahrs schlägt nun endlich die Stunde der Experten.

Nach Auffassung des BJM könne es möglicherweise Sinn machen, zunächst unabhängige wissenschaftliche Studien zu den Fragen der Eignung des bestehenden Urheberrechts im Zeitalter des Internets zur Förderung von Kreativen erstellen zu lassen.

Je länger man mit Urheberrechtsforschern spricht, desto stärker drängt sich ein eigenartiges Paradox auf: Die Wissensgesellschaft weiß wenig über sich selbst. Sie sucht nach einem Konsens mit Augenmaß, ist aber blind für die Frage, wie eigentlich Wissen, Innovation, Kultur entsteht und wie sie sich fördern lassen.

Das heisst, nicht Tatortkommissare oder Hacker, Piraten oder CDU-Abgeordnete, sondern Wissenschaftler und Experten sollen die Situation nüchtern empirisch verfassen und damit eine Grundlage für eine sachgerechte Diskussion liefern.- Klingt zu schön, um wahr zu sein.

 

Urheberrecht: ein Schritt in die richtige Richtung

Über futurezone.at erreicht uns die Nachricht: EU-Parlament stimmte über verwaiste Werke ab. Demnach sollen Bildungseinrichtungen zukünftig verwaiste Werke zu nicht-kommerziellen Zwecken nutzen dürfen.

Unter „verwaisten Werken“ versteht man dabei Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Filme usw., welche zwar urheberrechtlich geschützt sind, für die der Rechteinhaber jedoch nicht ermittelt oder identifiziert werden kann.

Zwar enthält die Entscheidung einige (gewichtige) Einschränkungen wie etwa die nicht-kommerzielle Nutzung (damit ja Google-Books die Dinger nicht scannt). Auch ist die „Verwaisung“ gründlich zu recherchieren, da nachtärglich ermittelte Rechteinhaber noch Nutzungsgebühren beanspruchen können. Dennoch ist mit der Richtlinie ein wichtiger Schritt zum Erhalt von bedrohtem Kulturwissen getan, siehe hierzu auch mein Beitrag zum Spenden von Urheberrechten zugunsten der Allgemeinheit.

 

 

BPM legal unterstützt IGEL

Seit Montag unterstützt auch BPM legal die Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht, kurz IGEL.

IGEL wurde in erster Linie aufgrund der Erkenntnis initiiert, dass es für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger weder eine Notwendigkeit noch eine Rechtfertigung gibt. Ein solches Recht wird einerseits nicht benötigt und hat andererseits – unabhängig von dessen Ausgestaltung – zwangsläufig sehr bedenkliche Auswirkungen auf die Interessen Dritter und das Gemeinwohl

Auch wir vertreten die Auffassung, dass die Argumente, die gegen das LSR in der derzeit geplanten Form sprechen, überwiegen. Deswegen werden wir in Zukunft über das Thema und die Aktivitäten der Initiative berichten.

 

Copyright-Debatte: „Netzgemeinde“ gegen „Tatort“-Autoren via SPIEGEL ONLINE

Auch wenn es sich die ‚Tatort‘-Autoren nicht vorstellen können: in der Urheberrechtsdebatte geht es um (viel) mehr als nur um illegale Downloads und Streamings. Es geht auch bzw. vor allem um Bücher und Dokumentarfilme, die in Archiven im wörtlichen Sinne verrotten, weil die Abklärung der Rechte zu teuer ist. (via Leonhard Dobusch auf netzpolitik.org)

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Dieser Streitpunkt zeigt schön das Problem, an dem die Debatte im Augenblick vor allem krankt: Es wird massiv aneinander vorbeigeredet. Die Drehbuchautoren wenden sich an einen gefühlten, scheinbar monolithisch auftretenden Gegner. Piraten, Grüne, Linke und die eben ganz und gar nicht homogene „Netzgemeinde“ aber haben überhaupt keine gemeinsame Position zu den diskutierten Fragen.

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Solche Extrempositionen – genau wie solche wie die von Sven Regener, der das Gefühl hat, dass man ihm „ins Gesicht pinkelt“ im Netz – tragen zweifellos nicht dazu bei, dass die Debatte in konstruktiver Weise geführt wird. Vor allem aber hat man den Eindruck, dass derzeit massiv und gezielt lobbyiert wird – nur weiß man nicht so genau, wofür eigentlich.

Copyright-Debatte: „Netzgemeinde“ gegen „Tatort“-Autoren via  SPIEGEL ONLINE

Sven Regeners Wut-Rede: „Eine Gesellschaft, die so mit ihren Künstlern umgeht, ist nichts wert“ via Zündfunk | Bayern 2 | BR.de

Die Rede von Sven Regner beim Zündfunk ist schon viel zitiert und kopiert worden. Ich verlinke trotzdem nochmal auf das sogenannte „Instant-Pamphlet“, weil ich mich nicht dem Vorwurf aussetzen möchte, ich würde immer nur die Ideen der Kritiker kommentieren, quasi selektive Einseitigkeit

Sven Regeners Wut-Rede: „Eine Gesellschaft, die so mit ihren Künstlern umgeht, ist nichts wert“ | Zündfunk | Bayern 2 | Radio | BR.de.

Auch am ACTA-Abkommen wächst die Kritik

Nachdem vergangene Woche bekannt wurde, dass die EU nun auch das ACTA-Abkommen unterzeichnet hat, wächst auch in Deutschalnd wieder die Kritik. Marcus Beckedahl von netzpolitik.org und Vorstitzender der digitalen Gesellschaft bezieht bei Spiegel Online ganz klar Stellung gegen das ACTA-Abkommen.

Hauptpunkte der Kritik sind vor allem die fehlende Transparenz und die fehlende Einbeziehung der Mitgliedsstaaten. Bereits die Entstehung des Entwurfs war von viel Geheimniskrämerei und verdächtigen Beschwichtigungsversuchen seitens der Initiatoren des Abkommens begleitet worden.

Lesetipp: Was Urheberrecht und Datenschutz gemein haben: fehlende Akzeptanz

Ein absolut lesenswerter Aufsatz des Kollegen Sebastian Dosch. Der Blogger von kLAWtext bringt auf den Punkt, was viele Spezialisten, insbesondere uns Rechtsanwälte, schon lange beschäftigt. Nicht nur, dass die derzeitigen Vorschriften im Urheberrecht und Datenschutz auf die Anforderungen der neuen Medien und der Informationsgesellschaft nicht mehr passen. Ihnen fehlt zunehmend auch die Akzeptanz derer, die sie beachten sollen: den Bürgern.

Was Urheberrecht und Datenschutz gemein haben: fehlende Akzeptanz via kLAWtext

Spende von Urheberrechten zugunsten der Allgemeinheit via Rechtsanwalt Martin Steiger

Der Beitrag knüpft an die Diskussion zur Reformbedürftigkeit des Urheberrechts an. Ich persönlich vertrete ja die Auffassung, dass das derzeit geltende Urheberrecht nicht zur modernen Informationsgesellschaft passt und hatte auch gelegentlich auf die global geführte Diskussion verwiesen.

Im Ergebnis (und stark vereinfacht ausgedrückt) verhindern die bestehenden weltweiten Urhebergesetze den freien Zugang zu Wissen und Kultur und vor allem den Erhalt von wichtigen Kulturgütern. Ein Teilaspekt dabei ist unter anderem, dass Millionen Werke nicht digitalisiert und damit für die Nachwelt konverviert werden können, weil Autoren oder Künstler verstorben sind und die rechtmässigen Inhaber vererbter Urheberrechte oft nicht ermittelt werden können. Am Beispiel des von ihm so bezeichneten „Guggenheim-Effekt“ erläutert Lawrence Lessing, welche Schwierigkeit die Rechteklärung für Dokumentarfilme mit sich bringt.

Aber es ist das Unglück unserer Kulturgeschichte, dass wir jederzeit berechtigt sind zu lesen, aber nicht gleichermaßen berechtigt sind zu sehen. Verursacht haben dies Anwälte, die wie James Boyle, Rechtswissenschaftler an der Duke University, sagt, nicht über die «Auswirkungen auf die kulturelle Umwelt» nachdenken, die ihre Verträge zeitigen.

nymwars: Das Ende der Anonymität im Netz?

Immer wenn es um die wirklich wichtigen Fragen des Internets geht, tritt Deutschland bzw. die deutsche Politik als ganz besonderer Diskussionspartner in Erscheinung. Deutsche Beiträge in Form von politischer Sommerloch-Plauderei oder Gesetzgebungsvorstössen zeichnen sich meistens aus durch

  • Verspätung (siehe beispielsweise die Diskussion zu Google Streetview)
  • technische und sachliche Unkenntnis (siehe beispielsweise die Diskussion zu Netzsperren)
  • Widersprüchlichkeit (siehe beispielsweise die Diskussion zur Vorratsdatenspeicherung)
  • Lobbyhörigkeit (siehe beispielsweise Reformen von Datenschutz und Urheberrechten)

Bei der Diskussion zum neuesten Thema zeichnet sich der deutsche Beitrag durch sämtliche dieser Mermale aus. Alleine aus diesem Grund ist die Verfolgung der Diskussion zu den nymwars ausgesprochen kurzweilig. Kurz gesagt geht es um die Frage, ob es zukünftig noch erlaubt sein soll, Internetdienste unter Pseudonymen, sprich anonym, zu nutzen.

Das Urheberrecht passt nicht mehr

Interessanter Artikel bei heise.de zu einem Appell von Reto Hilty, Direktor des Max-Planck-Instituts für geistiges Eigentum, auf dem Netzpolitischen Kongress der Grünen.

Ein Schutzsystem, das denen nicht zugute kommt, für die es da ist, kann nicht zukunftsträchtig sein. Das Urheberrecht passe in seiner jetzigen Form schon „für uns nicht mehr“ und könne so für kommende Generationen noch gefährlicher werden.

Die Diskussion mag philosophisch anmuten, sie ist es aber nicht. Fakt ist, dass das bestehende Urheberrecht derzeit eine Kriminalisierung von großen Teilen der Bevölkerung vorantreibt. Sichtbar wird dies in der Praxis und Rechtssprechung zu Filesharingverstössen. Dabei geht es beim Urheberrecht bzw. der dringend notwendigen Reform des Urheberrechts nicht um die Verstösse einzelner durch illegale Downloads. Das Internet bzw. die mit dem Internet verbundenen Möglichkeiten zum Austausch von Informationen und Inhalten sind lediglich Symptom für die Reformbedürftigkeit des heutigen Urheberrechts. Im Ergebnis geht es um die Frage, zu welchem Preis wird in Zukunft Wissen und Kultur  denbreiten Massen zugänlich sein.

Wichtig sei es nun, wieder im Interesse des Gemeinwohls zu einer angemessen Dauer der staatlich gewährten Monopolrechte zu kommen und stärkere Einschränkungen der exklusiven Verwertungsansprüche vorzunehmen.

Fazit: lesenswert! In diesem Zusammenhang auch unbedingt lesenwert ist die Aufsatzsammlung der Heinrich Böll Stiftung unter dem Titel copy.right.now.

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