Löschen vor sperren – so könnte bald europaweit die Devise lauten. Der Innenausschuss des Europäischen Parlaments beschloss am 14.02.2011 eine Empfehlung, nach der das Löschen problematischer Seiten Priorität vor einer Sperre haben soll. Ein durchaus bemerkenswerter Zwischenschritt auf dem Weg zur geplanten Kinderschutz-Richtlinie, denn im Gegensatz zu den Abgeordneten des EP hatte sich die EU-Innenkommissarin zuvor lautstark und vehement für Netzsperren ausgesprochen. Da sie dies auch weiterhin zu tun gedenkt, bleibt die Debatte spannend.

Obligatorische Netzsperren für die EU-Mitgliedstaaten, wie zunächst angedacht, sind damit vorerst vom Tisch. Oberstes Ziel muss nach Ansicht der Abgeordneten die vollständige Entfernung des problematischen Materials direkt an der Quelle sein. Ein generelles Verbot von Netzsperren wollen die Parlamentarier indes nicht bewirken. Ist die direkte Löschung der Seiten nicht möglich, so soll eine Sperrung dennoch in Betracht kommen. Die Parlamentarier denken dabei an Fälle, in denen sich die Server außerhalb der EU befinden oder der Löschprozess unverhältnismäßig lang dauern würde. Ausdrücklich weisen sie darauf hin, dass trotz der Priorität des Löschens kein Mitgliedstaat an der Einführung von Internetsperren gehindert werden soll, jedoch dürfe dies allenfalls in einem „transparenten Verfahren“ erfolgen.

Das letzte Wort ist mit diesem Entwurf freilich noch nicht gesprochen. Er ist jedoch ein bedeutender Etappensieg für die Kritiker ausufernder Internetzensur: Er deutet zumindest an, dass auch auf EU-Ebene die Stimmung in Richtung des Grundsatzes „Löschen statt sperren“ kippt, wie bereits hierzulande gefordert. Der Beschluss wird nun als Grundlage für die anstehenden Verhandlungen zwischen dem Rat der EU und dem EU-Parlament dienen. Noch in der ersten Hälfte dieses Jahres soll ein Kompromiss gefunden werden. Man darf gespannt sein, welche Ansicht sich durchsetzen wird.

Link: Pressemitteilung des EU-Innenausschusses