Ein Blog von Rechtsanwalt Christos Paloubis

Ab 11.06.2010 gilt neues Widerrufsrecht – Was ändert sich im Onlinehandel?

Die bereits letztes Jahr beschlossene Änderung des Widerrufs- und Rückgaberechts tritt am 11.06.2010 in Kraft. Die neue Regelung soll bislang ungelöste Missstände, etwa die Ungleichbehandlung zwischen Onlineshops und eBay, beseitigen und mehr Rechtssicherheit schaffen. Da es keine Übergangsregelung gibt, wird dringend empfohlen, die Widerrufs- und Rückgabebelehrungen zum 11.06.2010 zu ändern, andernfalls ist mit Abmahnungen zu rechnen. Wer bereits in der Vergangenheit wegen falscher Widerrufsbelehrung abgemahnt wurde, sollte zudem prüfen, ob die neue Rechtslage gegen die abgegebene Unterlassungserklärung verstößt. Gegebenenfalls ist eine Anpassung erforderlich.

Mit Inkrafttreten der Neuregelung werden die Musterbelehrungstexte ins EGBGB aufgenommen. Dadurch wird ihnen erstmals Gesetzesrang verliehen, sodass sie nun nicht mehr von Gerichten beanstandet werden können. Zudem bestimmt der ebenfalls neu eingeführte § 360 Abs. 3 Satz 1 BGB, dass die Verwendung der neuen Musterbelehrungen den gesetzlichen Anforderungen genügt. Wer also die neuen Mustertexte verwendet, ist auf der sicheren Seite. Aufgrund der Neuregelung ändern sich innerhalb der Belehrungstexte jedoch auch zahlreiche Formulierungen, da beispielsweise die alte Belehrung auf die BGB-InfoV verweist, die neue hingegen auf das EGBGB. Eine Anpassung ist für Onlinehändler daher unumgänglich.

Mit der Neufassung wird auch die unterschiedliche Behandlung zwischen gewöhnlichen Onlineshops und eBay-Händlern beseitigt. Insbesondere beträgt die Widerrufsfrist nun auch bei eBay-Auktionen 14 Tage, sodass nun in Onlineshops und bei eBay die gleiche Belehrung verwendet werden kann. Das Problem bestand bisher darin, dass für die 14-tägige Widerrufsfrist erforderlich ist, dass die Widerrufsbelehrung bereits bei Vertragsschluss in Textform (bspw. Brief, Fax, E-Mail) mitgeteilt wird, bei eBay jedoch in aller Regel erst nach Zustandekommen des Vertrags eine solche Mitteilung möglich ist. Der Gesetzgeber hat dieses Problem zugunsten der eBay-Händler mittels der neuen Sondervorschrift des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB gelöst. Demnach genügt es, wenn die Mitteilung in Textform nach Vertragsschluss unverzüglich nachgeholt wird. Um dem Unverzüglichkeitserfordernis Genüge zu tun, empfiehlt es sich, die Belehrung in die Bestellbestätigungsmail aufzunehmen und diese noch am selben Tag oder spätestens am Tag darauf abzusenden. Wird nicht unverzüglich belehrt, bleibt es bei der Monatsfrist.

Eine ähnliche Regelung wurde auch für die Wertersatzpflicht eingeführt. So ist nun auch bei eBay-Auktionen theoretisch die Möglichkeit eröffnet, Wertersatz auch für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme zu verlangen. Während auch hier bislang eine Mitteilung der Belehrung in Textform bei Vertragsschluss erforderlich war, wurde nun § 357 Abs. 3 Satz 2 BGB neu eingefügt, der ebenfalls die unverzügliche Mitteilung nach Vertragsschluss genügen lässt. Aufgrund der EuGH-Rechtsprechung zum Wertersatz ist diese Neuerung allerdings mit Vorsicht zu genießen.

Unproblematisch hingegen ist nun durch eine Änderung des § 356 BGB die Einräumung eines Rückgaberechts bei eBay. Der Gesetzgeber hat damit auf vereinzelte Urteile (mehr dazu hier) reagiert, die ein Rückgaberecht bei eBay in der Vergangenheit als unvereinbar mit dem Gesetzeswortlaut gesehen hatten und viele eBay-Händler deshalb aus Furcht vor Abmahnungen auf ein Rückgaberecht verzichtet hatten.

Onlinehändler, die in der Vergangenheit bereits wegen fehlerhafter Belehrungen abgemahnt wurden, sollten nun einen genauen Blick auf die abgegebenen Unterlassungserklärungen werfen und prüfen, ob eine Handlung nach neuem Recht der Unterlassungserklärung unterfällt. Die neue Rechtslage macht bisher abgegebene Vertragsstrafeversprechen nicht automatisch unwirksam, denn auch für rechtmäßige Handlungen kann grundsätzlich eine Vertragsstrafe vereinbart werden. Beispielsweise kann es nun problematisch sein, bei eBay ein 14-tägiges Widerrufsrecht einzuräumen, wenn man sich zuvor verpflichtet hat, dies künftig zu unterlassen. Dass dies nunmehr rechtmäßig ist, ändert daran nichts. Gegebenenfalls müssen Unterlassungserklärungen angepasst oder gekündigt werden.

Fazit: Wenngleich Onlinehändler nun erneut ihre Belehrungstexte umstellen müssen und dies vermutlich nicht die letzte Anpassung bleibt, so sind die Neuregelungen, insbesondere die Privilegierung der gesetzlichen Musterbelehrungen sowie die endgültige Beseitigung der sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung zwischen Onlineshops und eBay, insgesamt zu begrüßen. Da fehlerhafte Widerrufsbelehrungen in der Vergangenheit der häufigste Grund für Abmahnungen im Onlinehandel war, sollten die erforderlichen Anpassungen so schnell wie möglich vorgenommen werden.

Die neuen Musterbelehrungen sind auf den Seiten des Bundesjustizministeriums zu finden.

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  1. Christos Paloubis

    Die grundlegenden Regelungen zum Widerrufsrecht, d.h. dessen Voraussetzungen und Rechtsfolgen, sind unverändert geblieben. Die Vorschriften über den Ausschluss des Widerrufsrechts, insbesondere § 312d Abs. 3 oder Abs. 4 BGB, werden durch die Gesetzesänderung nicht berührt. Wesentliche Änderungen haben sich hinsichtlich der Belehrungspflicht ergeben: Bei Online-Diensten werden, soweit überhaupt ein Widerrufsrecht einzuräumen ist, regelmäßig Gestaltungshinweis 3, Buchst. b), Variante „Erbringung von Dienstleistungen“ und Buchst. c), sowie Gestaltungshinweis 7 und gegebenenfalls Gestaltungshinweis 10 der Muster-Widerrufsbelehrung (siehe Link) umzusetzen sein. Jedenfalls hat sich für Hinweis 3 die Formulierung geändert, sodass hier eine Anpassung erforderlich wäre.

  2. mob

    Blöde Frage, aber was gilt denn für „elektronische Dienstleistungen“, also z.B. Webhoster?

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