Onlinehändler können künftig möglicherweise keinen Wertersatz mehr verlangen, wenn der Kunde von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Sollte der Europäische Gerichtshof (EuGH) die entsprechende deutsche Regelung für europarechtswidrig halten, hätte dies weit reichende Konsequenzen für den Internethandel.

Nach derzeitigem deutschem Recht muss der Kunde nach Ausübung seines Widerrufsrecht Wertersatz leisten, wenn er die Kaufsache vorher in Gebrauch genommen hat, also nicht lediglich einer Prüfung unterzogen hat. Dem EuGH liegt nun ein Vorabentscheidungsersuchen des Amtsgerichts Lahr vor, das genau diese Regelung zum Gegenstand hat:

Sind die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 zu bestimmten Aspekten des Verbraucherschutzes bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz dahin auszulegen, dass sie einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegenstehen, die besagt, dass der Verkäufer im Falle des fristgerechten Widerrufes durch den Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des gelieferten Verbrauchsgutes verlangen kann?

Quelle: Shopbetreiber-Blog

Die EU-Generalanwältin beantwortet diese Frage in ihren Schlussanträgen wie folgt:

Art. 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ist dahin gehend auszulegen, dass er einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegensteht, die generell besagt, dass der Verkäufer im Falle des fristgerechten Widerrufs durch den Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des gelieferten Verbrauchsguts verlangen kann.

Quelle: Shopbetreiber-Blog

Im Kern bedeutet dies, dass die deutsche Wertersatzregelung wohl nicht mit europäischem Recht vereinbar ist. In einer vergleichbaren Konstellation entschied der EuGH bereits letztes Jahr, dass ein Kunde bei der Rückgabe eines mängelbehafteten Kaufgegenstands keinen Wertersatz leiste müsse. Sollte der EuGH nun den Schlussanträgen folgen, wäre dies schon das zweite Urteil binnen kurzer Zeit, das eine deutsche Wertersatzregelung zu Fall bringt.

Obwohl noch kein Urteil vorliegt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der EuGH den Schlussanträgen folgen wird. Dies hätte neben einer spürbaren finanziellen Mehrbelastung vor allem zur Folge, dass die erst letztes Jahr geänderten Musterbelehrungstexte erneut geändert werden müssten – eine Pflicht, die jeden einzelnen Händler treffen wird.

Wir werden Sie informieren, sobald ein Urteil vorliegt.